Wie DAX-Unternehmen anonym Wikipedia manipulieren

Unternehmen und Lobbyisten manipulieren Einträge bei Wikipedia. Mit dem von Virgil Griffith entwickelten WikiScanner konnte erstmals genau gezeigt werden, wer welche Einträge wie geändert hat. Derzeit ist das Software-Tool, das im August 2007 veröffentlicht wurde, nicht nutzbar. Wann der Scanner reaktiviert wird, ist unklar. Wir haben uns daher nach einer Alternative umgesehen und ein Werkzeug gefunden, das nur die Wenigsten kennen dürften: WikiWatchdog. Wir haben das Tool ausgiebig getestet. Unsere Recherchen damit zeigen, dass Unternehmen offenbar gezielt Inhalte weichspülen und glattpolieren.

WikiWatchdog funktioniert sehr einfach: Namen der Domain oder IP-Adresse eingeben, in wenigen Sekunden ist zu sehen, ob von dort aus anonyme Änderungen an Einträgen bei Wikipedia vorgenommen worden sind.

Federico Scrinzi & Paolo Massa von der Fondazione Bruno Kessler, Italien, haben das Recherche-Tool entwickelt.

Wir haben uns die Unternehmen im DAX vorgenommen und – soviel vorweg – aus den Netzwerken von Volkswagen, Daimler, BASF, SAP, Linde, Merck, K+S, vor allem aber von RWE und der Deutschen Bank zahlreiche, zum Teil erstaunliche Manipulationen feststellen können.

Ob die Änderungen „im Auftrag“ des jeweiligen Unternehmens durchgeführt worden sind, oder ein unautorisiertes privates Handeln eines Mitarbeiters vorliegt, lässt sich nicht ermitteln. In vergleichbaren Fällen haben die betroffenen Konzerne stets abgestritten, die Bearbeitungen veranlasst zu haben. Dies zu glauben, fällt in vielen Fällen schwer.

RWE und der zweifelhafte Umgang mit Kritik

Die Änderungen aus den Netzwerken der RWE AG sind uns besonders negativ aufgefallen. In dem Abschnitt „Geschichte“ (insgesamt 79 Edits) wurde aus dem Unternehmen heraus in mindestens vier Fällen Kritik entfernt bzw. entschärft.

2008 wurde die Behauptung gelöscht, RWE habe auf die Anschuldigungen, im Rhein-Erft-Kreis für die Absenkung des Grundwassers in der Region und damit für Folgeschäden an verschiedenen Kulturdenkmälern verantwortlich zu sein, nicht reagiert.

Im selben Jahr löschte die IP, die dem Netzwerk des Konzerns zugeordnet wird, gleich einen ganzen Absatz zu tagelangen Stromausfällen im Winter 2005. Damals geriet RWE als verantwortlicher Netzbetreiber in die Schlagzeilen, nachdem in Teilen des Münsterlandes nach Schneefällen mehrere Hochspannungsmasten umknickten und die Stromversorgung in einigen Orten über vier Tage unterbrochen war.

Die Personen, die für diese Änderungen verantwortlich sind, sitzen scheinbar an leitender Stelle im Konzern. Eine Bearbeitung von 2006 – ironischerweise in einem Abschnitt zu den Lobbyismus-Praktiken von RWE – wurde kommentiert mit dem Hinweis „Ergänzung zur RWE-Affäre; Joachim Jonas„. Dipl.-Ing. Joachim Jonas ist seit 2000 Leiter der Produktion und Anlagenüberwachung bei der RWE-Tochter „RWE Power„, die laut Wikipedia einen großen Teil der RWE-eigenen Kraftwerke und dazugehörigen Anlagen in Deutschland betreibt.

Die IP „153.100.131.14“ taucht auch im Zusammenhang mit dem Wikipedia-Eintrag zum Castor-Behälter auf. Bis 2008 wurde aus dem RWE-Netzwerk massiv versucht, auf den Inhalt des Artikels Einfluss zu nehmen. Das waren keine Amateure. Die Änderungen lassen die Behälter zur Lagerung und zum Transport radioaktiver Materialien sehr sicher erscheinen. Unsere Liste zeigt besonders krasse Beispiele:

Kritik an Sicherheitstests abgeschwächt:

  • aus „Verfahrensfehler“ wird „angebliche Verfahrensfehler“ (mehrfach), später wird die Überschrift in „Testverfahren“ geändert
  • Abschnitt zum Hitzetest wird ergänzt mitAber auch hier haben Tests mit höheren Temperaturen nachgewiesen, dass der Castor seiner Aufgabe gerecht wird.
  • aus „es kann also davon ausgegangen werden“ wird „Fachleute wissen
  • aus der Behälter bleibt „in den meisten Fällen dicht“ wird „bleibt dicht
  • aus „es kann also davon ausgegangen werden“ wird „es ist nachgewiesen

Risiken durch Anschläge verharmlost:

Widerstand gegen Atommülltransporte marginalisiert:

  • aus „großer Widerstand“ wird „Widerstand“ gegen den Transport

Kritik an Castoren abgeschwächt:

Kritik an Atommüllendlager abgeschwächt:

  • vor der Änderung hieß es „Die lokale Bevölkerung befürchtet, dass durch die Transporte ins Zwischenlager Gorleben die politische Entscheidung für das Endlager gefestigt wird.“ – nach dem Edit „fordert“ die Bevölkerung, „dass die Erkundung des Salzstocks weitergehen soll

Auch am Eintrag zum Kernkraftwerk Biblis nahm die besagte IP aus dem Netzwerk des Kernkraftwerksbetreibers teils gravierende Änderungen vor, die den störungsanfälligen Reaktor als sicher darstellen. Bezeichnend ist ein Satz, der im Juni 2006 in den Artikel eingefügt wurde:

„Das Kraftwerk Biblis ist ein Meilenstein in punkto Sicherheit.“

Weiter unten heißt es: „Biblis hat wieder einmal bewiesen, dass das Kraftwerk sehr sicher ist und hervorragen arbeitet.“ Wie ein PR-Text liest sich eine Bearbeitung von April 2006:

„Somit trägt Biblis zu einer sicheren, günstigen und vor allen eine Kohlendioxid freien Energieversorgung bei und ist unverzichtbar.“

Konsequenterweise wurde folgender Satz gelöscht: „Es ist somit eines der unsichersten deutschen Kernkraftwerke, das noch betrieben wird.“ Ersetzt wurde er durch die Behauptung:

„Durch kontinuierliche Anpassung der Technik an dem Stand von Wissenschaft und Technik ist das Kraftwerk Biblis vergleichbar mit neuen Anlagen.“

Ließ die Deutsche Bank unliebsame Informationen löschen?

Ein ähnliches Muster ist bei der Deutschen Bank erkennbar. Auch aus ihrem Netzwerk heraus wurde unliebsame Kritik entfernt. Dass das Kreditinstitut ihr kostenloses Girokonto streichen ließ – gelöscht im Mai 2014. Die Ankündigung, dass der für die Regulierung und Kontrolle der Banken zuständige BIZ-Generaldirektor Malcolm D. Knight als Vice Chairman zur DB wechselt: gelöscht aus der englischsprachigen Wikipedia. Investitionen in den türkischen Sportverein Fenerbahçe S.K. und Berichte über das Verbot von Bordellbesuchen durch Mitarbeiter auf Kosten des Bankhauses wurden ebenfalls entfernt.

Hat die Deutsche Bank einen oder mehrere Mitarbeiter damit beauftragt, diese Änderungen vorzunehmen? Oder sind Mitarbeiter als Privatpersonen bei Wikipedia aktiv gewesen, um das Ansehen ihres Arbeitgebers aufzupolieren? Da bei Unternehmen dieser Größenordnung ganze Abteilungen oder sogar Zweigstellen hinter einer IP stehen, lässt sich nicht nachvollziehen, wer konkret hinter den Änderungen steckt.

Fehlende Neutralität bei Volkswagen

Bei Volkswagen beschränkt man sich offenbar nicht nur auf das reine Bearbeiten von Artikeln. Aus dem Netzwerk der Volkswagen AG heraus wurden ganze Einträge zu bestimmten Produkten und Gesellschaften des Unternehmens neu angelegt.

So wurde der Eintrag zur Auto 5000 GmbH von einer IP angelegt, die aus dem Firmennetzwerk stammt.

etwas Neutralität in diesen Firmenprospekt eingebaut“ („Steschke“ über den aus dem Volkswagen-Netz angelegten Eintrag)

Eine andere IP aus dem Netzwerk der Volkswagen AG legte Artikel zum VW Typ 181, zur Wolfsburg AG und zum VW Touran I an. Die IP, die zuvor schon den Hauptartikel angelegt hatte, platzierte auch im Eintrag zu Volkswagen einen Beitrag zur Auto 5000 GmbH. Eine weitere IP, die sich dem Netzwerk von Volkswagen zuordnen lässt, löschte Kritik an den Arbeitsbedingungen aus dem Eintrag zur Auto 5000 GmbH.

gelöscht: „Halle 8 Syndrom“ von Geschäftsleitung bestätigt, erste ernste Fälle ‚völlig überarbeiteter‘ Mitarbeiter geben Anlass zur Sorge.“

Bei unseren Stichproben haben wir eine weitere auffällige Änderung feststellen können: Eine Volkswagen-IP entfernte einen Weblink zum Misserfolg des VW Phaeton in den USA.

Daimler und die NS-Vergangenheit

Der Umgang mit Kritik scheint auch bei der Daimler AG ein Problem zu sein. Im Februar löschte ein IP-Benutzer, dessen Kennung dem Unternehmen aus Stuttgart zugewiesen ist, einen Abschnitt zu Lobbying. Der Text der sich u.a. auf Artikel von tagesschau.de und welt.de stützt, informiert darüber, „dass in der Ausschreibungsphase für das milliardenteure deutsche Lkw-Mautsystem in Deutschland ein ranghoher Mitarbeiter von DaimlerChrysler im Bundesverkehrsministerium mitarbeitete„.

Daimler reagierte zu den Vorwürfen, die erstmals der Journalist Marvin Oppong auf spiegel.de aufstellte, nicht. Auf der Hauptversammlung im April 2012 in Berlin blieb eine Nachfrage zu dem Vorgang unbeantwortet. Inwieweit haben Mitarbeiter von ihren Arbeitsplätzen aus die Möglichkeit, sich aktiv an der Gestaltung von Wikipedia-Seiten zu beteiligen oder auch an sozialen Netzwerken teilzunehmen? Antwort des Konzerns:

„Jeder Mitarbeiter kann das. Es gibt keine Einschränkungen.“

Wir registrierten weitere Manipulationen, die das Thema Zwangsarbeit im Nationalsozialismus betreffen. Die IP „141.113.100.23löschte einen Abschnitt zum DaimlerChrysler-Werk in Ludwigsfelde, in dem während des Krieges „11.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter für den damaligen nationalsozialistischen Musterbetrieb“ arbeiteten und „ein Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück“ existierte. Ein ähnlicher Beitrag zum Werk in Berlin-Marienfelde wurde ebenfalls gelöscht.

Einem anonymen Benutzer aus dem Daimler-Netzwerk missfiel es auch, im Einleitungssatz des Wikipedia-Eintrags zur Daimler AG lesen zu müssen, dass der Konzern nicht nur zivile Fahrzeuge herstellt, sondern auch im Geschäft mit Militärfahrzeugen mitmischt. Die Information wurde kurzerhand gestrichen.

Aufgefallen sind uns zudem Änderungen am Eintrag zum Smart Fortwo. Dort wurde der ursprüngliche Abschnitt zum ED Electric Drive durch einen Werbetext ausgetaucht, der von Daimlers Pressestelle stammt und sich genauso liest:

„Im Gegensatz zu seinem Vorgänger ist der elektrisch angetriebene smart fortwo der zweiten Generation mit einer innovativen, hoch effizienten Lithium-Ionen-Batterie ausgerüstet.“

Wie ein Verkaufsprospekt lesen sich die Änderungen am Artikel zum DaimlerChrysler-Werk in Wörth, in dem Lastwagen montiert werden. Zum Actros heißt es nach dem Edit aus dem Netzwerk von Daimler:

„Der Actros bietet immer eine optimale wirtschaftliche Lösung für Ihre Transportaufgaben.“

Über die Verkaufszahlen von Volkswagen ärgerte sich ein Mitarbeiter bei Daimler offenbar so sehr, dass er der Konkurrenz aus Wolfsburg einen bösen Eintrag hinterließ:

„Ab 2014 soll VW in Deutschland verboten werden, und die Fabrik zerbombt werden. Niemand bedauert dies.“

Manipulationen aus dem Netzwerk von BASF

Im Zusammenhang mit BASF sind zwei IP-Adressen auffällig. Eine IP, die zur BASF Business Services Holding GmbH führt, änderte einen Abschnitt, der sich mit der „Zeit der Weltkriege“ befasst. Der ursprüngliche Text, der von der IP selbst angelegt worden war, wurde nachträglich deutlich entschärft.

Vor der Änderung durch die BASF-IP „141.6.2.28“ war zu lesen:

„Nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler 1933 ging die IG Farben eine Zweckehe mit dem Naziregime ein und profitierte von Mengen- und Preisgarantien, aber auch von den durch die Regierung bereitgestellten Zwangsarbeitern.“

Nach der Änderung fehlt der Bezug zu Hitler und dem Naziregime. Stattdessen ist von „Regierung“ die Rede:

„Im Zeichen von NS-Autarkiepolitik und Rüstungswirtschaft profitierte die IG Farben von Mengen- und Preisgarantien, aber auch von den durch die Regierung bereitgestellten Zwangsarbeitern.“

Die IP „141.6.2.29„, die ebenfalls aus dem Netzwerk des Chemieriesen stammt, versuchte die Lacke (engl. Coatings) von BASF zu promoten. Im Artikel zu „BASF Coatings“ wurde ein längerer Text eingefügt, bei dem es sich offensichtlich um Werbung handelt.

„Der Bereich Coatings entwickelt, produziert und vermarktet ein hochwertiges Sortiment innovativer Fahrzeug-, Autoreparatur, und Industrielacke (…) Im Internet findet man die BASF Coatings unter http://www.basf-coatings.de“

DHL und SAP auf Kriegsfuß mit der Wahrheit

DHL, eine Tochter der Deutschen Post, lieferte im Irakkrieg nicht nur die Post für die US-Soldaten aus. Das Unternehmen soll verschiedenste militärische Güter, die vom US-Militär gebraucht wurden, ausgeliefert haben. Bei Protesten gegen diese Praxis hat es laut bild.de mehrfach Brandanschlägen auf DHL-Fahrzeuge gegeben. Auch auf Wikipedia war zu lesen, dass die Post-Tochter vom US-Militär beauftragt worden sei, „militärische Güter in den Irak zu transportieren„.

Einem anonymen Schreiber aus dem Netzwerk der Deutschen Post AG gefiel das nicht. Zunächst versuchte die IP „160.57.144.71“ den Abschnitt „DHL im Irakkrieg“ zu löschen. Nach dessen Wiederherstellung wurde der Eintrag umgeschrieben. Von Kriegslogistik war nichts mehr zu lesen: DHL habe lediglich Feldpost in den Irak transportiert, heißt es in der geänderten Version. In dem aktuellen Wikipedia-Eintrag zu DHL erfährt der Leser übrigens gar nichts mehr zu dem Thema.

Bei der Recherche mit WikiWatchdog ist uns im Zusammenhang mit dem Softwarehersteller SAP die Unternehmens-IP „155.56.68.221“ aufgefallen. 2008 änderte ein Benutzer mit dieser Kennung einen Eintrag, demzufolge SAP wegen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise Personal abbauen müsse. Das klingt irgendwie nach Entlassungen, dachte man sich wohl bei SAP. Schreiben wir doch lieber „Einstellungsstop„, das stimmt zwar nicht, hört sich aber viel netter an. Tatsächlich mussten wegen der schwierigen Wirtschaftslage rund 3.000 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Über das Thema innerbetriebliche Mitbestimmung wurde bei SAP lange gestritten. Nach anfänglichem Widerstand der Belegschaftsmehrheit und der Unternehmensleitung wurde 2006 ein Betriebsrat gewählt. Doch so richtig angefreundet hatte man sich zumindest 2007 damit noch nicht. Aus dem Netzwerk des Unternehmens heraus wurden gleich drei Weblinks entfernt, die sich kritisch damit befassen.

Eigenlob stinkt: Wikipedia als Werbeplattform

Linde, Merck, K+S – auch bei diesen DAX-Unternehmen wird man den Eindruck nicht los, das Wikipedia als Plattform für Firmenwerbung missverstanden wird. Ein Benutzer aus dem IP-Raum des Anlagenbauers Linde AG zum Beispiel kopierte einfach einen PR-Text von der Website, in dem das Unternehmen als besonders nachhaltig, umweltschonend und zukunftsweisend beschrieben wird.

„Die Strategie der Linde Group ist auf ertragsorientiertes und nachhaltiges Wachstum ausgerichtet. Der gezielte Ausbau des internationalen Geschäfts mit zukunftsweisenden Produkten und Dienstleistungen steht dabei im Mittelpunkt.“

Selbstbeweihräucherung auch bei Merck und K+S: Der Chemie- und Pharmakonzern Merck sieht sich selbst als „besonderer Pionier“ (auch hier) im Bereich LCD-Technik. Das Bergbauunternehmen K+S ist nichts weniger als der „führende Salzanbieter weltweit“.

DAX Unternehmen haben Wikipedia nicht verstanden

Haben die Marketingabteilungen das Wikipedia-Prinzip nicht verstanden? Unternehmen, so sie überhaupt bei der freien Enzyklopädie mitschreiben sollten, müssen sich auf objektive Angaben beschränken und auf Firmenwerbung verzichten.

Die wenigsten haben etwas dagegen, wenn ein Angestellter auf sein Unternehmen bezogene Angaben – z.B. die Geschäftszahlen, Personennamen, Unternehmensstruktur etc. – aktualisiert oder ein Sportverband die Ergebnisse der jüngsten Meisterschaften nachträgt. Aber bitte nach klaren Spielregeln und nicht anonym durch die Hintertür.

Die wichtigste Spielregel ist: macht das, was ihr bei Wikipedia ändert, transparent. Ein „editor with a professional focus“ sollte eindeutig seinem Unternehmen zuzuordnen sein. Dafür gibt es verifizierte Accounts, von denen hier nur Daimler und Linde Gebrauch machen, ohne jedoch spezifische Angaben zu hinterlassen.

Wer ist für die Unternehmenskommunikation zuständig? Wie kann ich diese Person(en) erreichen, wenn es Fragen oder Probleme gibt? Im Interesse der Transparenz sollten auf jeder Benutzerseite eines Unternehmens, das sich aktiv bei Wikipedia beteiligt, mindestens Informationen zur Identität des Benutzers und seiner Position innerhalb der Firma sowie eine E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme hinterlegt werden.

Die Spitze des Eisbergs?

Wir haben uns mit WikiWatchdog Unternehmen im DAX vorgenommen und stichprobenartig nach auffälligen Änderungen gesucht. Die gute Nachricht: Die krassesten Manipulationen sind schon Jahre her. Die schlechte: Es ist nur die Spitze des Eisbergs. Immer wieder werden Unternehmen bei dem Versuch ertappt, Informationen zu schönen. Sind es bewusste Manipulationen oder fehlt den Unternehmen schlicht immer noch das Wissen und die Erfahrung im Umgang mit Wikipedia?

Habt ihr WikiWatchdog schon ausprobiert? Sind euch Manipulationen bei bestimmten Unternehmen aufgefallen? Schreibt uns hier oder meldet euch auf Twitter!

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Wohin steuert Wikipedia? Blick in eine ungewisse Zukunft

Immer weniger ehrenamtliche Autoren, quälende Debatten um die Partizipation der Community bei der Entwicklung neuer Software und die Übermacht des Datenriesen Google. Wir stellen aktuelle Problemfelder vor und fragen: Wohin steuert die Online-Enzyklopädie?

1,7 Millionen Artikel hat alleine die deutschsprachige Wikipedia, englischsprachige sind es über 4,6 Millionen. Das Online-Lexikon ist weltweit die sechsthäufigst aufgerufene Webseite. Während die Popularität bei den Lesern immer weiter wächst, sinkt die Zahl der Autoren, die sich regelmäßig um die Einträge kümmern.

Weniger aktive Autoren & Administratoren

Wie unsere Berechnungen anhand der Wikipedia-Statistik zeigen, sinkt die Zahl der aktiven und sehr aktiven deutschsprachigen Autoren seit Jahren kontinuierlich. 2007 gab es durchschnittlich noch stolze 8.437 Autoren mit mehr als fünf Bearbeitungen im Monat. 2013 waren es nur noch 6.548. Autoren mit mehr als 100 Bearbeitungen im Monat gab es im Mittel nur noch 984 – zum Höchststand 2008 waren es noch 1.078.

Die Zahl der aktiven Autoren sinkt in der deutschsprachigen Wikipedia seit Jahren.

Ähnlich sieht es in der englischsprachigen Wikipedia aus: Im Jahr 2007 gab es im Schnitt 45.674 aktive bzw. 4.408 sehr aktive Autoren. 2013 waren es nur noch 31.003 bzw. 3.139, die sich aktiv beteiligt haben. Aus dem Jahresplan der Wikimedia Foundation wird deutlich, dass neue Autoren vor allem über den Ausbau der technischen Möglichkeiten gewonnen werden sollen, beispielsweise über das mobile Editieren. Bislang sind die Bemühungen aber wenig erfolgreich.

In der englischen Sprachversion zeigt sich ein ähnlicher Trend. Die Autoren wandern schleichend ab.

Googles Übermacht verschärft den Autorenschwund. „Der Trend, den wir in der Risikoanalyse von 2012-13 aufgezeigt haben, geht weiter„, heißt es auf Seite 28 des Jahresplans 2013-14 von Wikimedia: „Google, Apple und andere Major Player streben eine tiefe Integration von Wikipedia-Inhalten in ihren Produkte an, um deren Nutzbarkeit und die Einnahmen durch Werbung zu erhöhen. Aktuelles Beispiel ist Googles (mittlerweile deaktivierte, Link von uns) „Quick View“-Funktion für mobile Geräte, die eine zwischengespeicherte Version von Wikipedia-Artikeln mit nur einem Mausklick sichtbar macht.

Bei „Quick View“ werden Wikipedia-Artikel mit den Suchergebnissen als Vorschaubild geladen. Vielen Nutzern reicht dieser kurze Textauszug aus, so dass immer weniger  Nutzer direkt zu Wikipedia gelangen. Das wiederum macht es schwer, sie als Autoren zu gewinnen, weil dadurch die Möglichkeit fehlt, sie anzusprechen.

Auch Administratoren kehren der Enzyklopädie den Rücken und suchen sich andere Hobbys. Wikipedia-Administratoren (kurz Admins) sind „normale“ Benutzer, die über zusätzliche Werkzeuge verfügen, mit denen sie zum Beispiel Seiten löschen oder Benutzer sperren können. Als „Eingangskontrolleure“ haben sie die Aufgabe, offensichtlichen Unsinn aus der Enzyklopädie herauszuhalten.

Der Vergleich der Liste der aktiven Administratoren mit jener der ehemaligen Administratoren (Stand 1. September 2014) zeigt: Zur Zeit gibt es mehr ehemalige (236:231) als aktive Admins in der Wikipedia – und das obwohl dieses „Amt“ auf Lebenszeit verliehen wird. Durch diesen Trend steige wiederum die Arbeitsbelastung der Übriggebliebenen, was nicht zu einem entspannteren Klima führe, weder für Neulinge noch für alteingesessene Benutzer, schreibt ein Admin auf jetzt.de.

Der “Superprotect”-Streit

Der Streit um den neuen Medienbetrachter offenbart ein weiteres großes Problem der „freien Enzyklopädie“: Der tiefe Graben zwischen der Wikimedia Foundation (WMF) und der Community.

"WMF building wiki wall in August 2014 caricature“ von Don-kun. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0. Nutzungsbedingungen: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/.

Anfang August hatte die deutschsprachige Wikipedia-Community im Medienbetrachter-Meinungsbild beschlossen, die standardmäßige Aktivierung des neu eingeführten Tools zu entfernen. Der Mediaviewer, der das Betrachten von Bildern vereinfacht, sollte fortan inaktiv, aber durch einzelne Nutzer weiterhin einschaltbar sein.

„Da es weniger als 1.000 sehr aktive Wikipedianer gibt, sind die 664 Meinungsbildstimmen hochsignifikant“ (Wikipediocracy via Twitter über den “Superprotect”-Streit)

Was dann folgte, löste eine Welle der Empörung aus: Nachdem die Foundation es abgelehnt hatte, das Meinungsbild technisch umzusetzen, schaltete der Admin DaB. (wer sich für die Einzelheiten interessiert, der lese sie hier nach) den Medienbetrachter durch einen sogenannten JavaScript-Hack vollständig für alle Benutzer ab.

Die Hacker-Aktion wurde zuerst von einem anderen Administrator , anschließend mehrmals von einem Mitarbeiter der Wikimedia Foundation rückgängig gemacht. DaB. setzte den Hack jeweils wieder ein. Um diesen Wheel-War für sich zu entscheiden und die Einführung des Mediaviewers mit „Gewalt“ durchzusetzen, setzte Wikimedia ihre bisher schärfste Waffe ein. Der neu eingeführte „Superschutz“ machte es Mitarbeitern der Stiftung möglich, DaB. davon abzuhalten, das neue Feature zu deaktivieren.

Diese nie dagewesen Machtdemonstration der Foundation zog schärfste Kritik nach sich. Admins traten in den Streik, sogar über die Abspaltung der deutschen Wikipedia wurde nachgedacht.

Wikimedia hat im Streit mit der deutschen Community inzwischen eingelenkt. Der Superschutz wurde rückgängig gemacht. Die Verantwortlichen von Wikimedia geben sich dialogbereit, bestehen aber weiterhin darauf, bei der Einführung neuer Software-Funktionen das letzte Wort zu haben. Mitreden ja, abstimmen nein.

„Wir sehen ein, dass der Einsatz von Superprotect unbeabsichtigterweise den Eindruck erweckt hat, dass wir kein Vertrauen in die Community haben. Dies ist nicht der Fall, weshalb wir die Seitensperre aufgehoben haben.“ (Stellungnahme der WMF-Geschäftsführerin Lila Tretikov und ihres Stellvertreters Erik Möller)

„We have to move away from the idea that voting is the right way to decide software issues – voting doesn’t lead to good software and it doesn’t give rise to consensus – it gives rise to bad and unusable software such as what we put up with every day around here. (Jimmy Wales, Mitbegründer von Wikipedia)

Wer hat das Sagen in der Wikipedia? Wie viel Selbstbestimmung haben die lokalen Communities? Soll die Wikimedia Foundation nur das umsetzen, was die Community wünscht? Oder braucht es gerade im Bereich der Software-Entwicklung einer eigenständigen Strategie, um eine zukunftsfähige Plattform aufzubauen? Diese Debatten werden auf Dutzenden Mailinglisten, Diskussions– und Streitschlichtungsseiten ausgetragen. Eine Einigung liegt in weiter Ferne.

„Schon bei der Information gibt es Defizite. Zwar werden anstehende Änderungen angekündigt. Dies erfolgt aber selbst bei Änderungen, die merkliche Auswirkungen auf die Darstellung von Artikeln haben, nur sehr kurzfristig und als Einzeiler auf einer wenig gelesenen Technik-Seite.“ (Wikipedia-Kurier vom 28. August 2014)

Derartige Konflikte sind nicht neu: Der Bildfilter-Streit, das Desaster um die Einführung Visual Editors und – aktuell – der “Superprotect”-Streit zeigen die Unfähigkeit der Foundation, Mechanismen zu etablieren, die die Communities respektieren und einbinden. Partizipation wird verwaltet, aber nicht gelebt.

Ungewisse Zukunft

Wikipedia steuert in eine ungewisse Zukunft. Der Autorenmangel ist zu einem sehr ernsten Problem geworden. Wie der Trend umgekehrt werden soll, weiß niemand so genau. Gleichzeitig wächst der Druck von Unternehmen wie Google, die zu einer ernsthaften Konkurrenz für Wikipedia werden können.

Großen Nachholbedarf hat die Wikimedia Foundation im Bereich „Product & Engineering“. Die technologische Modernisierung lässt sich die Stiftung im neuen Geschäftsjahr gut 24,9 Millionen US-Dollar kosten, 3,9 Millionen US-Dollar mehr als im Vorjahr. Neben infrastrukturellen Maßnahmen soll die mobile Nutzung verbessert werden. Drei Projekte der Foundation werden fortgeführt: der Abschluss des VisualEditors, die Vollendung des UploadWizards für Wikimedia Commons und die Einführung des neuen Diskussionssystems Flow.

Dass Projekte wie der VisualEditor oder der Medieviewer auf wenig Gegenliebe in der Community stoßen, hat viele Gründe. Fehlende Partizipation ist der wichtigste von ihnen. Der Graben zwischen der Wikimedia Foundation und der Community wird weiter wachsen, wenn die Stiftung nicht verstärkt auf Teilhabe und Beteiligung setzt, ihre Macht stattdessen mit einem „Superprotect“-Status als Waffe durchzusetzen versucht.

Wir freuen uns über eure Kommentare!

Ironischerweise 

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Wikipedia im Visier von Staaten und Unternehmen – Wächterprogramme sollen Manipulationen erschweren

Der Abschuss des malaysischen Linienflugs MH17 in der Ost-Ukraine hat vor Augen geführt, dass im Onlinelexikon Wikipedia ein Kampf um die Wahrheit im Internet tobt. Nach Recherchen des Schweizer Journalisten Jürg Vollmer soll von einem Computer des russischen Sicherheitsdienstes FSO aus der deutschsprachige MH17-Eintrag manipuliert worden sein. Andere Quellen berichten von manipulativen Änderungen an der russischsprachigen Wikipedia zum Crash von Flug MH17. Aber nicht nur Russland ändert Beiträge bei Wikipedia.

So dreist fälschen Putins Männer die Wikipedia“ (bild.de vom 31.07.2014)

Nicht jede Zeitung hat es so brachial wie BILD auf den Punkt gebracht. Im Kern waren sich die Medien allerdings einig: „Russland manipuliert Wikipedia“. In dem Artikel, der sich mit dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs 17 beschäftigt, wurden Änderungen offenbar direkt aus dem Büro des russischen Sicherheitsdienstes FSO vorgenommen. Darauf deutet zumindest die Whois-Abfrage hin, in der selbst der Name des Mitarbeiters (Andrey V. Sosov) und die zuständige Abteilung nachzulesen sind.

Beeinflussen Putin-Trolle Wikipedia?

Der Versionsunterschied vom 29. Juli 2014 zeigt, wie der Mitarbeiter des 1881 gegründeten Bewachungsdienstes aus „Separatisten“ die Bezeichnungen „Aufständische“ bzw. „Rebellen“ machte, und die Anführungszeichen bei „Volksrepublik Donezk“ entfernte.

Auch bei der russischsprachigen Wikipedia waren Vandalen am Werk. Nach Berichten mehrerer Medien, die sich auf die britische Nachrichtenseite The Telegraph als Quelle beziehen, soll ein anonymer Nutzer von einem Rechner aus dem Netzwerk der staatlich kontrollierten russischen Medienholding WGTRK versucht haben, einen Abschnitt zur Absturzursache umzuschreiben.

Ursprünglich habe in dem Eintrag gestanden, dass das Flugzeug von Terroristen der abtrünnigen Volksrepublik Donezk mithilfe eines Buk-Raketensystems abgeschossen worden sei, welches die Terroristen von der Russischen Föderation erhalten haben sollen. In der geänderten Fassung hieß es dann laut einem Bericht von Spiegel Online: „Das Flugzeug wurde vom ukrainischen Militär abgeschossen.“ Aufgeflogen ist die Änderung dank des Wächterprogramms @RuGovEdits, das die Manipulation automatisch auf Twitter meldete.

Wer auch immer diese Änderungen veranlasst hat, fest steht: Nicht nur von Moskau aus werden Information geändert. Auch Behörden anderer Staaten und Unternehmen nehmen Einfluss auf die „freie Enzyklopädie“.

Eine IP-Adresse von einem Computer des russischen Sicherheitsdienstes änderte den Wikipedia-Artikel über den Abschuss der MH17

Knapp 7.000 Manipulationen aus dem Umfeld des Kreml hat der norwegische Programmierer Jari Bakken auf seiner Website zusammengefasst. Edits von Behörden aus Österreich, Australien, Kanada sind ebenso zu finden, wie regelmäßige anonyme Änderungen an Wikipedia-Artikeln aus Washington, Brüssel und Berlin. Die NATO und das Pentagon und Unternehmen wie Goldman Sachs, Monsanto mischen ebenfalls mit. Selbst die UNO taucht in der Liste auf.

Twitter-Bots melden Manipulationen

Twitter-Bots sollen solche Manipulationen deutlich erschweren. Immer dann, wenn jemand mit einer IP-Adresse aus den entsprechenden Behörden oder Unternehmen einen Artikel auf Wikipedia ändert, meldet der jeweilige Wächter die Veränderung auf dem Mikroblogging-Dienst Twitter.

Der Account @congressedits meldet automatisiert alle Änderungen, die über eine IP-Adresse des US-Kongresses vorgenommen werden. Der Wächter hat schnell Nachahmer gefunden. @RuGovEdits nimmt sich russische Behörden vor. @bundesedit nimmt Änderungen aus Bundestag, Bundesministerien, Bundesämtern und anderen Bundeseinrichtungen unter die Lupe.

Nicht zu vergessen sind @euroedit, @natoedits, @pentagonedits und @un_edits, die Änderungen melden, die aus dem Europäischen Parlament und anderen EU-Institutionen, aus dem NATO-, Pentagon- bzw. UNO-Netzwerk stammen.

Andere Accounts – @oiledits für ausgewählte Ölfirmen, @monsantoedits für den Saatgut -und Herbizidproduzenten Monsanto und @phrmaedits für Mitglieder des US-Pharma-Verbands PhRMA – prüfen, ob diese Unternehmen versuchen, anonym Einträge bei Wikipedia zu ändern.

Skandale, wenigstens Skandälchen?

„Zum einen wollen wir natürlich dem Staat und seinen Vertretern deutlich machen, dass nicht nur sie uns als Bürger in jeder Lebenslage beobachten können, sondern – auch wenn nur in einem sehr begrenzten Maße – dies auch umgekehrt möglich ist. Wir wollen ein Schild hoch halten: ‚Wir können auch hinschauen!'“ (bundesedit.de, Auszug aus den FAQs)

Die Idee, per Tweet-Bot mehr Transparenz in Wikipedia herzustellen, ist klasse. Regierungspropaganda konnten die deutschen Versionen der Netzwächter bisher aber noch nicht aufdecken. Auffällig ist allein ein Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, der schon dutzende Artikel auf Rechtschreibfehler überprüft hat, was die Betreiber von Euroedit dazu zwang, einen Filter einzubauen, damit marginale Änderungen nicht mehr veröffentlicht werden.

Kurioses ist aus dem Netz des US-Kongresses bekannt: Laut BBC soll im Juli eine IP-Adresse aus dem Kapitol in Washington den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu einem „alien lizard who eats Mexican babies“ („mutiertes Reptil, das mexikanische Neugeborene frisst“) gemacht haben. Die Verschwörungstheorien rund um die Mondlandung beruhten auf einmal auf Aussagen der Regierung Kubas. Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales vermutet, dass sich ein Mitarbeiter aus dem US-Kongress einen Spaß gemacht habe und darauf hoffte, dass die Bots den Schabernack auf Twitter verbreiten.

Den Administratoren der englischen Wikipedia gingen die Späße aus dem Kongress irgendwann zu weit. Wegen des störenden Editierens (engl. „Disruptive editing„) wurde die IP-Adresse 143.231.249.138 für zehn Tage gesperrt, berichtet Ars Technica.

„Einige von uns hier machen nur grammatikalische Änderungen oder fügen Informationen zu den Vögeln in Omsk hinzu (…).“ (Ein Mitarbeiter beschwert sich auf der Benutzerseite über die Sperrung der IP-Adresse des US-Kongresses.)

Echte Skandale sucht man vergeblich. Die Wächterprogramme fördern fast immer Belanglosigkeiten zutage. Offenbar korrigieren Mitarbeiter von Bundes- und Landeseinrichtungen sowie aus Europäischen Institutionen gezielt Artikel, die zu ihren Fachgebieten gehören. In vielen Fällen sind die Änderungen sogar sinnvoll und verbessern die Qualität der jeweiligen Artikel.

Die Macher von @euroedit sind sich dessen bewusst. Sie betonen, dass es ihnen nicht darum gehe, Skandale aufzudecken. „Wir sind nur Techies„, heißt es auf der Homepage. Die Interpretation und Aufbereitung der gesammelten Informationen wird den Profis aus Wissenschaft und Journalismus überlassen.

Alles andere als perfekt

“Transparenz per Tweet-Bot hilft nur gegen die wirklich dummen Wikipedia-Manipulatoren” (Michael Schmalenstroer auf seinem Blog schmalenstroer.net über Euroedit)

Die Tweet-Bots sind – und das wissen auch die Programmierer und Betreiber der Wächter-Accounts – „alles andere als perfekt„. Denn sie kontrollieren nur Änderungen von nicht angemeldeten Benutzern, deren Beiträge in der Versionsgeschichte unter der IP-Adresse erscheinen, die ihnen bei der Einwahl ins Internet zugewiesen wird.

Es ist aber auch möglich, sich mit Pseudonym bei Wikipedia anzumelden und Artikel zu ändern – in diesem Fall wird die IP-Adresse nicht aufgeführt. Editiert also ein Politiker oder ein Unternehmen als registrierter oder angemeldeter Benutzer, fällt das den Transparenz-Wächtern nicht auf.

„Ein oder gleich mehrere Accounts sind schnell erstellt und dürften bei regelmäßigen Wikipedia-Autoren schon alleine aufgrund der Komfortfunktionen wie der Beobachtungsliste weit verbreitet sein. Zahlen dazu gibt es keine – Wikipedia-Administratoren können herausfinden, von welchen IPs ein Benutzer editiert, der normale Nutzer nicht.“ (Michael Schmalenstroer auf seinem Blog schmalenstroer.net über Euroedit)

Wer Artikel bei Wikipedia manipulieren will, geht sowieso anders vor. Um unentdeckt zu bleiben, können Änderungen von gleich mehreren heimischen Rechnern vorgenommen werden. Werden dann auch noch DSL-Anschlüsse von unterschiedlichen Providern genutzt, ist es nahezu unmöglich, Manipulationen aufzudecken. Mit ein bisschen technischem Geschick lassen sich IP-Adressen sogar verschleiern.

Wer sich nicht selbst die Finger schmutzig machen will, kauft sich die Manipulation als Dienstleistung ein: Die Internetzeitung Daily Dot berichtete im Oktober 2013 von einem riesigen Sockenpuppen-Netzwerk, das sich im Auftrag von Unternehmen und Einzelpersonen fürs Frisieren von Wikipedia-Artikel bezahlt ließ.

Warum Euroedit & Co dennoch sinnvoll sind

Kein Frage, Wächterprogramme wie Euroedit lassen sich leicht aushebeln. Andererseits hat das Projekt – das zeigt die Resonanz auf Twitter und in den Medien – für das Thema Regierungspropaganda und Manipulationen auf Wikipedia sensibilisiert. Insbesondere Journalisten, die Wikipedia als Quelle benutzen, sollten zumindest ihre Aufmerksamkeit mehr auf die Versionsgeschichte von Artikeln lenken, das betonen auch die Macher des Projekts. Wer steckt dahinter? Diese Frage sollte sich jeder stellen, bevor er Informationen des Onlinelexikons verwendet.

freie Enzyklopädie
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Transparenzpflicht für PR-Mitarbeiter – ein zahnloser Tiger

Wikipedia ist laut Serverdienst Alexa die sechsthäufigst aufgerufene Webseite der Welt. Journalisten, Schüler und Studenten, sogar Richter vertrauen ihr als Quelle. Die Popularität der Enzyklopädie nutzen Lobbygruppen und PR-Profis, um Wikipedia in ihrem Interesse zu beeinflussen. Neue Regeln verpflichten bezahlte Wikipedia-Autoren jetzt zu Transparenz.

„Schluss mit versteckter PR: Wikipedia führt Transparenzregelung für bezahlte Autoren ein“, titelte das t3n Magazin geradezu euphorisch. Auch auf dem Blog der Wikimedia Foundation waren die Reaktionen („Thanks wikipedia, you’re awesome!“) überaus positiv.

Bezahlte Artikel? Warum nicht! Solange gesponserte Autoren neutrale und auch sonst vernünftige Artikel schreiben, haben nur wenige ein Problem damit.

Die neuen Regeln sehen vor, dass sich bezahlte Autoren in der Wikipedia als solche offenbaren müssen – entweder durch eine Erklärung auf der Nutzerseite, der Diskussionsseite, die bezahlte Beiträge begleitet, oder in der Zusammenfassung der Änderungen. Lehrer, Professoren und Mitarbeiter von Galerien, Bibliotheken, Archiven und Museen müssen die Transparenzpflicht nur dann befolgen, wenn Sie konkret für einen Wikipedia-Beitrag bezahlt werden.

Der kritische Leser fragt sich jetzt: Welche Konsequenzen hat ein Verstoß gegen die neue Richtlinie? Wie soll die neue Transparenzregelung für bezahlte Auftragsautoren in der Wikipedia praktisch durchgesetzt werden?

Bezahlte Artikel? Warum nicht!

Die erste Frage ist leicht zu beantworten. Ein Verstoß gegen die Transparenzpflicht hat höchstens eine Sperrung des Accounts zur Folge. Nutzer, die dagegen verstoßen, „sollten zunächst verwarnt und über diese Regeln informiert werden und danach nur bei Bedarf gesperrt werden„, heißt es in den FAQ zu den Nutzungsbedingungen.

Den Administratoren der Wikipedia („Admins“) steht also ein Spielraum zur Verfügung. Unternehmen, die etwa ihre Mitarbeiterzahl, Umsätze oder ihren Gewinn aktualisieren lassen, aber die Pflicht zur Offenlegung nicht kannten, sollen erst einmal ermahnt werden. Wer hingegen gezielt Werbung betreibt, kann gleich gesperrt werden.

„Ich sehe keinen Sinn darin Paid Editing zu verbieten oder (durch Kennzeichnungspflicht) einzuschränken, solange die Qualität stimmt.“ (Admin „Morten Haan“ in der Diskussion zum Kurier-Artikel “PR in Wikipedia: Bezahltes Schreiben steht ab sofort unter Transparenzpflicht“)

In der Community findet bezahltes Schreiben kaum jemand verwerflich. Vielen kommt es allein auf die enzyklopädische Darstellung an, auf sonst nichts. Solange sich ein Beitrag an den neutralen Standpunkt hält, und auch sonst vernünftig geschrieben ist, haben nur wenige ein Problem mit PR-Edits.

Genauso effektiv wie der „Ja, ich bin über 18 Jahre alt“-Button

Bleibt die Frage nach der Durchsetzbarkeit der neuen Transparenzregelung. Viel halten sie für einen „zahnlosen Tiger“ und in etwa so sinnvoll wie ein „Ja, ich bin über 18 Jahre alt“-Button – also nutzlos. Denn bezahlte Schreiber machen mit, so oder so.

Das Tool "Herding Sheep" verrät, welcher verifizierte Benutzer gerade editiert.

Die Wikimedia Foundation hat viel Lob eingesteckt für die Einführung der Transparenzpflicht für bezahlte Autoren. Die Verantwortung bleibt aber an der Community hängen. Denn: Die negativen Auswirkungen bezahlten Schreibens – nämlich werblich gefärbte Artikel in der Wikipedia – lassen sich letztlich nur durch die freiwilligen Autoren innerhalb der Wikipedia verhindern.

Evolutionärer Humanist“ ist einer derjenigen, der mit viel Engagement gegen Werbung in Wikipedia vorgeht. Der Aufwand ist immens. Neue Artikel müssen täglich geprüft, ggf. gelöscht oder korrigiert werden.

„Bezahlte Auftragsschreiber machen so oder so mit. Verhindern könnten wir das nur mit einer Anmelde- bzw. Klarnamenspflicht. Wenn sie transparent sind, kann man sie eigentlich ganz gut kontrollieren. Ich z.B. gehe jeden Tag mit einem netten Tool die Benutzerbeiträge der verifizierten Konten durch und lösche/korrigiere, wo es notwendig ist.“ („Evolutionärer Humanist“ in der Diskussion zum Kurier-Artikel “PR in Wikipedia: Der nächste Schritt“)

Die positiven Auswirkungen der neuen Transparenzregelung sind auch deshalb gering, weil seriöse PR-Agenturen, Unternehmen, Museen, Parteien, Stiftungen, Verbände und wer sonst noch so in der deutschen Wikipedia mitschreibt, ohnehin schon länger mit verifizierten Benutzerkonten arbeiten, um Artikel über sich zu korrigieren oder zu aktualisieren.

Die „Schwarzen Schafe“ der Branche werden sich von einer Transparenzpflicht wohl kaum ermuntert sehen, sich als bezahlte Mitarbeiter zu outen. Zumal die Bedingungen für versteckte PR besser nicht sein können: Einer immer größer werdenden Zahl bezahlter Autoren stehen immer weniger ehrenamtliche Gatekeeper gegenüber, die mögliche Verstöße aufspüren können.

Zum Glück sind Artikel mit eindeutiger Werbeabsicht – anders als die Studie „Verdeckte PR in Wikipedia – Das Weltwissen im Visier von Unternehmen“ von Marvin Oppong nahelegt (siehe dazu unseren Beitrag “Verdeckte PR in Wikipedia” – die Studie im Faktencheck), selten.

1:0 für die PR-Branche

Die neue Transparenzpflicht kommt einem Sieg für die PR-Branche gleich. Das Signal ist klar: Bezahlte Schreiber gehören nun offiziell und selbstverständlich mit zur Community. Was entsteht ist eine Zwei-Klassen-Community, eine bezahlte und eine unbezahlte.

„Durch die Neuregelung wird bezahltes Schreiben nun zur anerkannten Praxis in der Wikipedia.“ (Wikipedia: Kennzeichnungspflicht für PR-Arbeiter, Torsten Kleinz, heise.de)

Da hilft es auch nichts, wenn elf führende US-Agenturen eine Selbstverpflichtung („Statement on Wikipedia„) veröffentlichen, in der sie geloben, die Wikipedia-Richtlinien zu beachten. „Viel heiße Luft“, schreibt Markus Franz, der als Geschäftsführer einer kleinen Agentur selbst Wikipedia-Beratung anbietet. Die Erklärung gebe nur das wieder, was ohnehin seit Jahren gilt. An die fünf Leitsätze, denen sich die Unterzeichner ab sofort unterwerfen wollen, müsse sich auch heute schon jeder PR-Fachmann in Wikipedia halten. Die Erklärung gehe nicht einmal ansatzweise über die Mindeststandards hinaus, die von der Community bestimmt wurden.

„Wikipedia is all about verifiability, not truth.“ (Why Wikipedia needs paid editing, Dariusz Jemielniak, dailydot.com)

Zurück zur Encyclopædia Britannica?

PR hat in Wikipedia inzwischen einen festen Platz und ist nicht mehr wegzudenken. Dennoch genießt die Online-Plattform bei vielen noch immer ein großes Vertrauen. Jeder Leser sollte aber im Hinterkopf behalten, dass Wikipedia eine Medium ist, das von jedem bearbeitet werden kann – und daher sehr anfällig ist gegenüber der Einflussnahme durch Interessengruppen. Wikipedia ist bei der Recherche immer nur ein Hilfsmittel unter vielen. Wer die „Wahrheit“ sucht, ist hier an der falschen Stelle.

„Der Benutzer, der die Wikipedia aufschlägt, um etwas über ein Thema zu lernen oder um eine Information zu überprüfen, befindet sich eher in der Situation eines Besuchers einer öffentlichen Toilette. Es mag dort offensichtlich schmuddelig sein, so dass ihm bewusst wird, dass er große Vorsicht walten lassen muss. Oder es erscheint ziemlich sauber, so dass er sich leicht in trügerischer Sicherheit wiegen kann. Auf keinen Fall ist ihm bekannt, wer die Einrichtungen vor ihm benutzt haben mag.“ (Robert McHenry, Ex-Chefredakteur der Encyclopaedia Britannica in: The Faith-Based Encyclopedia, 2004)

Es ist das Ziel von Wikipedia, durch die sich wechselseitig korrigierende und ergänzende Schwarmintelligenz möglichst wahrheitsnahe, vollständige lexikalische Einträge zu erreichen. Mit der Akzeptanz von PR-Beiträgen scheint dieses Ziel jetzt endgültig vom Tisch. Ehrenamtliche Autoren sind kaum noch der Lage, hier angemessen zu reagieren.

Was sind die Alternativen? Die digitale Encyclopædia Britannica? Die Wiederbelebung des Online-Brockhaus? Oder eine neue Wiki-Plattform für die Idee, die Wikipedia ursprünglich einmal war?

Denn es war ja der (nie erreichte) Ansatz von Wikipedia, durch die sich wechselseitig korrigierende und ergänzende Schwarmintelligenz möglichst wahrheitsnahe, vollständige Beiträge zu erreichen. Mit der Akzeptanz der PR-Beiträge ist dieses Ziel damit eingentlich endgültig vom Tisch. Ehrenamtliche Autoren sind, wie Sie zutreffend anreißen - überhaupt nicht der Lage, hier angemessen zu korrigieren, wenn sie es denn wollen. Hinzu kommen die unverändert quasi uneingeschränkte, intransparente Machtausübung der Administratoren. Also doch zurück zum Online-Brockhaus.... ?!?
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Wikipedia-Kritiker Jaron Lanier mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt

Jaron Lanier ist einer der renommiertesten Vordenker des Internets. Er gilt als ein erbitterter Kritiker von Wikipedia, die er einst als totalitär und undemokratisch beschrieb. In diesem Jahr wird der „Netz-Philosoph“ mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Wer ist der Mann mit den charakteristischen Dreadlocks? Was kritisiert er an der sogenannten Schwarmintelligenz, als deren Hauptvertreter er die Mitmach-Enzyklopädie Wikipedia ausgemacht hat? Warum wächst die Kritik an der Preisverleihung?

„Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahr 2014 an Jaron Lanier und ehrt mit dem amerikanischen Informatiker, Musiker und Schriftsteller einen Pionier der digitalen Welt, der erkannt hat, welche Risiken diese für die freie Lebensgestaltung eines jeden Menschen birgt.“ (Auszug aus der Begründung der Jury)

Jaron Lanier, Mai 2006. Foto: Luca Vanzella, https://www.flickr.com/photos/vanz/, CC BY 2.0, Nutzungsbedingungen: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

Das Individuum ist wichtiger als die Masse

Mit seinem inzwischen berühmt gewordenen Interview mit dem Spiegel von 2006 hat sich Lanier nicht nur Freunde gemacht. Darin verglich er das Engagement von tausenden freiwilligen Autoren der Wikipedia mit Graffiti-Schmierern.

„In der Wikipedia-Welt bestimmen jene die Wahrheit, die am stärksten besessen sind. Dahinter steckt der Narzissmus all dieser kleinen Jungs, die der Welt ihren Stempel aufdrücken wollen, ihre Initialen an die Mauer sprayen, aber gleichzeitig zu feige sind, ihr Gesicht zu zeigen.“

2010 setzte Lanier noch einen drauf. In seinem Essay „Digitaler Maoismus“ verglich er kollektive Bewegungen wie Wikipedia mit roten und braunen totalitären Ideologien. Der Online-Kollektivismus sei die Wiederauferstehung der Idee, dass das Kollektiv über eine allwissende Weisheit verfügt. Für Lanier endet das in einem digitalen Maoismus.

„Schnell wird der Einzelne Opfer des Mobs; die Gefahr von Wiki-Lynchjustiz halte ich für sehr real.“ (Spiegel-Interview vom 13.11.2006)

Woher kommt diese tiefe Skepsis gegenüber der Schwarmintelligenz, die er in Gefahr sieht, als Digitalmob zu enden? „Im Kollektiv, glaubt er, sei die Strategie, etwas über die reine Zahlenakrobatik hinaus zu verbessern, zum Scheitern verurteilt. Wahre Kreativität traut er nur dem Individuum als Autor, als Schöpfer zu.„, resümiert FAZ-Korrespondent Jordan Mejias. Gerrit Bartels nennt ihn im Tagesspiegel deshalb einen „digitalen Humanisten“, der „trotz digitaler Revolution den Menschen nicht vergessen“ hat.

Was Lanier antreibt ist die Bewahrung humaner Werte im Technologiezeitalter. In seinen Schriften appelliert er an das kritische Bewusstsein des Individuums. Ohne individuelle Kontrolle seien kollektive Systeme in hohem Maße unzuverlässig. Die unabhängige Presse, die er durch das Internet bedroht sieht, nennt er als Beispiel dafür, wie Einzelne durch Qualitätskontrollen die Intelligenz des Kollektivs verbessern können.

„Seitdem die meisten Suchmaschinen eher zur wikifizierten Version als zum Original führen, hat das Web einiges an Charakter verloren.“ (Jaron Lanier in „Digitaler Maoismus„)

Lanier ist überzeugt, dass es die meisten technischen oder wissenschaftlichen Informationen, die man in der Wikipedia findet, schon im Netz gab, bevor Wikipedia erfunden wurde. Der Schwarm fasse lediglich Bestehendes zusammen und mache daraus einen charakterlosen Brei.

Kritik an der Verleihung wächst

Während Teile der Medien (FAZ, Die Welt, Tagesspiegel) von einer längst überfälligen Sensation sprechen, wächst anderswo die Kritik an der Preisverleihung. Anlässlich des Friedenspreises werden Laniers Thesen neu auf- und angegriffen.

Falk Steiner machte im Deutschlandfunk seiner Enttäuschung Luft und bezeichnet die Entscheidung der Jury „für einen Krawallmacher, einen Schreihals“ als einen erstaunlichen Fehler.

„Laniers Kritik ist oft so banal, dass sie in Pixibüchern bestens aufgehoben wäre.“

Weniger bissig drückt es Thierry Chervel im Perlentaucher-Blog aus, der sich als Preisträger Autoren wie Yochai Benkler, Lewis Hyde, Richard Stallman oder Lawrence Lessig gewünscht hätte. Doch statt das Offene und das Verbindende am Netz zu feiern, zeichne der Börsenverein einen Autoren aus, der die „dunklen Seiten des Netzes“ betont. Ähnlich sieht es Jürgen Geuter auf SPON, der Lanier als einen „Internetverächter“ bezeichnet, „der die Demokratisierung des Mediums verhöhnt„.

„Er ist aber letztlich mehr Sachbuch-Bestsellerautor als medienkritischer Intellektueller.“ (Kommentar von Florian Cramer im Perlentaucher-Blog)

Wikipedia schlägt zurück

In der Wikipedia-Community stößt Laniers „provokativer Pessimismus“ – Dank an „Harro“ für die Formulierung! – auf reflexartige Ablehnung. Die Diskussion zum Kurier-Artikel „Risikofaktor Schwarmintelligenz„, der sich mit dem Preisträger befasst, bleibt in weiten Teilen oberflächlich.

„Die oberflächliche Kritik, auch von renommierter Seite, ohne tieferes Verständnis ist eher peinlich. („Harro“ in der Kurier-Diskussion)

Andere disqualifizieren sich mit ihren Äußerungen auf ganzer Linie selbst. Jens Best, Mitglied des Präsidiums von Wikimedia Deutschland, spricht von einer „Schändung des Friedenspreises„, von „Hetze„und zeigt sich „schockiert über diesen offensichtlichen Missbrauch und die damit einhergehende Banalisierung des Friedenspreises„. Man müsse annehmen, schreibt Best weiter, dass der Stiftungsrat des Börsenvereins diese Entscheidung gefällt hat, um „willentlich unnötigen Streit zu säen, der ihren reaktionären Haltungen in die Hände spielt„.

Best, der betont, seine Privatmeinung geäußert zu haben, argumentiert, dass die reaktionären Kräfte des Börsenvereins und deren Umfeld den Friedenspreis für ihre Kampagne gegen das ihrer Ansicht nach „böse“ Internet instrumentalisiert hätten. Einfach ausgedrückt: Der Buchhandel habe ein wirtschaftliches Interesse daran, gegen den Digitalisierer Google und den Erzrivalen Amazon zu schießen, und wählt deshalb einen Preisträger aus, der das seit Jahren erfolgreich tut.

Darf man mal darauf hinweisen, dass der Preisträger nicht vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Gestalt seiner Gremien und Mitgliedsunternehmen benannt wird, sondern vom Stiftungsrat – auch mit Mitgliedern wie Ulrich KhuonPeter von MattKarl Schlögel oder Stephan Detjen – vergeben wird, oder stört das die gemütliche Erklärungssuche einiger Benutzer?“ (Gert Lauken in der Kurier-Diskussion)

Hat die FAZ-Autorin Felicitas von Lovenberg ihren Wunschkandidaten gegen alle anderen acht Mitglieder des Stiftungsrates durchgedrückt? Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Best jedenfalls glaubt an diese Verschwörungstheorie.

Das Feuilleton und der Stiftungsrat des Friedenspreises sind nicht ganz unschuldig an den negativen Reaktionen. Sie haben einen Preisträger aufgebaut, der immer wieder als „Internetpionier“ bezeichnet wird. Florian Cramer hat im Merkur ausführlich beschrieben, dass Lanier aber zu keinem Zeitpunkt an der Entwicklung des Internets beteiligt gewesen ist. Will man ihm gerecht werden, sollte man von einem „Computerpionier“ sprechen, der (wie Wikipedia schreibt) „als Erster internetbasierte Computer-Netzwerke“ vorgeschlagen hat. Er ist also eher eine Art Wegbereiter des heutigen Netzes. Oder wie die WAZ schreibt: ein „Geburtshelfer des Internets“. Das ändert aber nichts daran, dass er wichtige Kritikpunkte an der Internet-Gesellschaft aufgreift und mit Sätzen wie „You are not a gadget“ zielsicher auf den Punkt bringt.

Preis als politischer Seismograph

Mit dem Friedenspreis an Lanier hat der Börsenverein in diesem Jahr Neuland betreten. Die Auszeichnung geht erstmals an einen Wissenschaftler und Autor, der sich kritisch mit dem Internet und der Digitalen Revolution auseinandersetzt. Eine zeitgemäße Entscheidung: Denn umso mehr die Digitalisierung des Lebens voranschreitet, desto wichtiger wird die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

„Es ist mittlerweile ganz wichtig, dass die Menschen in unserer Gesellschaft erkennen, dass das Internet nicht allein ein Medium der Freiheit ist, sondern dass es auch ein Macht- und Überwachungs-Instrument ist und es jeden einzelnen von uns betrifft. Es ist ganz wichtig, die Menschen aufzurütteln. Das tut Jaron Lavier in für uns vorbildlicher Weise.“ (Felicitas von Lovenberg im DW-Interview)

Seine These, dass die Schwarmintelligenz, die kostenlose OpenSource-Software, aber auch Wikipedia alles wertlos macht und damit die Mittelschicht der Gesellschaft vernichtet, ist in der Netzgemeinschaft hoch umstritten. Doch die Fragen, die dahinter stehen, sind von enormer Bedeutung für uns alle. „Wem gehört die Zukunft?“ fragt sein aktuelles Buch. Denen mit den schnellsten Computern? Wie verändert Big Data unser Leben? Wird es uns wie die Sirenen aus der griechischen Mythologie ins Verderben locken?

Für viele ist der Friedenspreis an Jaron Lanier, der ihm am 12. Oktober in der Frankfurter Paulskirche verliehen wird, eine logische Konsequenz der Snowden-Enthüllungen und des NSA-Skandals. Er ist nicht nur ein weltweit beachteter Preis – er versteht sich selbst als ein Seismograph am Puls der Zeit.

„Im 21. Jahrhundert gilt es, über Fragen unserer persönlichen, kommerziellen und zwischenstaatlichen Datensicherheit nachzudenken. Darin liegt das Wegweisende dieses Preises für Jaron Lanier.“ (Marc Reichwein in Die Welt)

Der Stiftungsrat wollte mit dem diesjährigen Preisträger ein Zeichen setzen gegen Überwachung im Netz, die Sammelwut des US-Geheimdienstes NSA und Big Data. Diese Themen bewegen uns alle, begründet der Vorsitzende des Stiftungsrats Heinrich Riethmüller die Entscheidung des Gremiums.

„Es ist uns schon ein Anliegen, dass Preisträger und Aktualität möglichst zusammen finden. Und dass für jeden einsichtig wird, warum wir eine Entscheidung zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen haben. Wenn man bedenkt, was seither mit der Ukraine und Russland passiert ist, war die Entscheidung für Swetlana Alexijewitsch fast schon eine visionäre Wahl – leider, muss man sagen.“ (Felicitas von Lovenberg im DW-Interview)

Das Internet ist nicht heilig. Es hat Fehler, die behoben werden müssen. Um diese zu durchschauen, braucht es Aufklärer wie Lanier, die trotz aller Euphorie immer wieder den Finger in die Wunde legen.

Wir müssen aufpassen, dass unsere Euphorie, alles tun zu können, was wir wollen, nicht einen globalen Unfall nach sich zieht.“ (Jaron Lanier im Zeit-Interview).

Es gibt heute kein „Ich-mache-da-nicht-mit“. Die Technologien schreiten unaufhaltsam voran. „Wer glaubt, sich entziehen zu können, unterschätzt, dass der Nicht-Gebrauch der Technologie ihn schon bald vom gesellschaftlichen Leben ausschließen wird.„, schrieb der kürzlich verstorbene Frank Schirrmacher. Es braucht jemanden, der uns wach rüttelt und aufklärt. Und genau das tut Jaron Lanier.

 

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Wikimedia Deutschland steckt in der Krise

Nach fünf Jahren trennt sich der #Wikipedia-Förderverein Wikimedia Deutschland (WMDE) von seinem Geschäftsführer Pavel Richter. Die Rede ist von einer „einvernehmlichen Trennung“. Doch hinter den Kulissen brodelt’s. Die Trennung von Pavel Richter offenbart eine tief sitzende Krise.

Was ist eigentlich los bei WMDE? Am 19. Mai 2014 kündigte Nikolas Becker im Namen des Präsidiums die Trennung des Vereins von Pavel Richter an.

„Der Verein und Pavel Richter haben sich geeinigt, dass eine einvernehmliche Trennung erfolgt und Gespräche über die Modalitäten einer gütlichen Einigung stattfinden.“

Am selben Tag, nur wenige Minuten später, distanzierte sich Becker, zu diesem Zeitpunkt noch Vorsitzender des Präsidiums, von dieser Entscheidung und sprach offen von einem „falschen Schritt“ für den Verein und über eine „Art und Weise„, die ihn „zutiefst besorgt„.

„Ich bin mir sicher, dass die bestehenden Differenzen auch auf weniger invasive Art hätten gelöst werden können und vertraue darauf, dass unser Vorstand auch die weitere Entwicklung des Vereins hätte gut begleiten können.“

Die Absetzung von Pavel Richter kommt einer Palastrevolte gleich: Neun von zehn Mitgliedern stimmten gegen den langjährigen Geschäftsführer von WMDE. Das Präsidium begründete seine Entscheidung zunächst mit der neuen strategischen Ausrichtung des Vereins, die sich mit Richter nicht umsetzen lasse.

Viele offene Fragen

Was unterscheidet die neue Strategie von der bisherigen so sehr, dass es eines solchen  drastischen Schrittes bedurfte? Warum wird beschlossen den Vorstand abzulösen, obwohl die Mitgliederversammlung dieser neuen Strategie bis dahin überhaupt noch nicht zugestimmt hatte? Worin unterscheiden sich die Standpunkte des Präsidiums und des Vorstandes bezüglich der neuen Strategie? Warum wurden die Mitglieder nicht früher über diese Dinge informiert?

„Hallo,  könnte man mal etwas konkreter werden und darlegen was überhaupt los ist.  Ich erfahre hier erstmals, dass eine komplett neue strategische Ausrichtung erfolgen soll und deshalb der bisherige Vorstand abgelöst werden soll.“

Nicht nur Vereinsmitglied Michail, von dem obiges Zitat stammt, ist über das Vorgehen des Präsidiums schwer verwundert. Auch hohe Funktionsträger des Vereins, unter ihnen ehemalige Mitbegründer von WMDE, sind zutiefst irritiert.

„Wenn es hier gravierende Differenzen geben sollte, dann würden wir als Mitglieder gerne mehr darüber erfahren. (…) Eine derart weitreichende Entscheidung wie die Abberufung des Vorstands sollte sehr sorgfältig überlegt sein.“

In ihrer Mail an alle Mitglieder machen sie deutlich, dass sie die Abberufung absolut unangebracht finden und nicht ansatzweise verstehen können. Es fehle nicht nur an einer überzeugenden Begründung für eine Abberufung, es gäbe offenbar auch keine ausreichend konkreten Vorstellungen für die Zeit nach einer solchen Entscheidung. Durch eine überhastete Abberufung könne dem Verein und den von ihm geförderten Projekten ein immenser Schaden entstehen, so die Unterzeichner des Briefes.

Kein Plan

Auf der 14. Mitgliederversammlung von Wikimedia Deutschland in Frankfurt am Main zeigte sich, dass sich das Präsidium über die Zeit nach Pavel Richter bisher noch wenig Gedanken gemacht hat. Weder der Ablauf noch ein genauer Zeitplan stehen fest.

Man wolle sich „zuerst gemeinsam über den Ablauf und den genauen Zeitplan beratschlagen“. Über konkrete Schritte werde man „kurzfristig und so schnell wie möglich berichten“, kündigte der neue Vorsitzende Tim Moritz Hector auf dem Vereins-Blog an.

Klar ist jetzt schon, dass gleich zwei Präsidiumsmitglieder diese Übergangsphase nicht begleiten werden. Nikolas Becker, der im letzten halben Jahr den Vorsitz des Präsidiums innehatte, und Robin Tech haben überraschend ihren Hut genommen. Tech begründet seinen Rücktritt mit einem unerwartet aggressiven Arbeitsklima, das geprägt sei von persönlichen Anfeindungen gegen „Andersdenkende“.

“Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen in diversen Vereinen und Gremien habe ich eine vollkommen andere Art der Kommunikation und Arbeit erwartet. Bereits seit der ersten Sitzung musste ich jedoch eine Aggressivität wahrnehmen, die ich so noch nicht erlebte und die sich mir bis zum Ende schlicht nicht erschloss. Die insbesondere von einzelnen Mitgliedern praktizierte maximal persönliche Anfeindung ihrer andersdenkenden ‘Kollegen’ hat mich jedes Mal aufs Neue negativ überrascht (…)”

Vorgeschobene Begründung

Kaum zu glauben, dass solche Zustände herrschen im Präsidium eines Vereins mit über 6.500 Mitgliedern, in dessen Berliner Geschäftsstelle mittlerweile etwa 66 Mitarbeiter arbeiten.

Was steckt wirklich hinter der Absetzung von Pavel Richter? Die neue strategische Ausrichtung? Das ist eher unwahrscheinlich, denn inhaltlich unterscheidet sie sich kaum von den bisherigen Zielen. „Zumindest ist kein Unterschied erkennbar, der so wesentlich ist, dass er als nachvollziehbare Begründung für eine Unvereinbarkeit zwischen Präsidium und Vorstand herhalten kann„, schreibt Vereinsmitglied Sebastian.

Dass die vorgeschobene Begründung in der am Anfang des Beitrags erwähnten Erklärung vom 19. Mai 2014 nicht durchgreift, hat auch das Präsidium erkannt. In einem am 22. Mai 2014 veröffentlichten offenen Brief rudert das Kontrollorgan des Vereins eilig zurück. Zur Trennung von Pavel Richter heißt es nun:

„Unsere Differenzen mit dem Vorstand liegen nicht in den strategischen Zielen. Wir haben unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Schwerpunkte bei ihrer Umsetzung gesetzt werden sollten.“

Präsidium und Vorstand seien sich uneins bei der strategischen Führung und Weiterentwicklung des Vereins im Allgemeinen. „Unüberbrückbare Differenzen bezüglich der Erwartungen und der Form unserer Zusammenarbeit“ seien der Grund für die Trennung gewesen. Man lege aber großen Wert auf eine geordnete Übergabe, für die ausreichend Zeit eingeplant worden sei:

„Unsere Vereinbarung mit Pavel Richter sieht vor, dass die Zusammenarbeit in beiderseitigem Einverständnis noch mehrere Monate fortgesetzt werden kann, wenn eine stabile Vereinsarbeit das erfordert.“

Hau-Ruck-Aktion? Davon will man im Präsidium nichts hören. Die Entscheidung sei keineswegs überstürzt oder leichtfertig getroffen worden: Sie sei vielmehr das Ergebnis eines langen Prozesses, der schon bis in die Amtszeit des vorherigen Präsidiums zurückreiche, so Sebastian Wallroth in Namen des Gremiums.

„Diese Differenzen haben sich über einen längeren Zeitraum herauskristallisiert und immer weiter verstärkt – obwohl wir sie bei intensiven Diskussionen innerhalb des Präsidiums und mit dem Vorstand wiederholt thematisiert haben.“

„Unprofessioneller, undurchdachter Spuk“

Vereinsmitglied Sebastian nennt die Causa Richter in seiner E-Mail an das Präsidiumsmitglied Steffen Prößdorf treffend einen „unprofessionellen, undurchdachten Spuk“.

„Ihr habt euch anscheinend zum Ziel gesetzt, den Vorstand kurzfristig auszuwechseln. Dabei seid ihr anscheinend überzeugt davon, dass ihr ohne Angabe von nachvollziehbaren Gründen, ohne vorherige Zustimmung der Mitglieder zur neuen Strategie, ohne klare Einigung zu Zeitplan und Modalitäten und mit Art als auch Inhalt der Verkündung zu diesem Zeitpunkt dieses Ziel erreichen könnt.“

Es sei noch nicht einmal klar, ob die Abstimmung zur vorzeitigen Beendigung der Vorstandsbestellung ordnungsgemäß abgelaufen ist: „Nach dem, was ich über die Sitzung gehört habe, ging sie bis in die Abendstunden und war am Ende gar nicht mehr vollzählig besetzt.„, mutmaßt Vereinsmitglied Sebastian.

Nicht nur Vorstand und Präsidium, sondern auch das Präsidium selbst scheint innerlich zerrissen und geprägt von gegenseitigem Misstrauen. Ein User auf heise.de, der über Insiderwissen zu verfügen scheint, schreibt zum Rücktritt des Präsidiumsvorsitzenden Nikolas Becker:

„Wenn jegliche interne Kommunikation des gewählten Präsidiums schon Tage zuvor auf dem Tisch vom Vorstand gelandet ist, das ist wahrscheinlich ihm zuzuordnen. Er hat aber auch ganz klar erkannt, wer sein wahrer Chef ist. Nämlich Pavel Richter. (…) Wenn man solche Leute im Präsidium eines Vereines hat, dann kann man gleich jegliches private Gespräch aufzeichnen und weitergeben.“

Kritik aus der Community

Auch in der Community der freiwilligen Autoren ist die Kritik unüberhörbar. „Gruseliges, unverständliches Verfahren. Nicht, dass ich ein großer Freund Pavels wäre, aber der Vorgang ist mindestens merkwürdig.„, schreibt etwa Smial. Andere machen auf die schwierige Suche nach einem Nachfolger/einer Nachfolgerin aufmerksam.

Wie geht’s weiter? „Sollte ich tatsächlich noch erleben, dass die Communities doch endlich wieder in den Mittelpunkt rücken oder muss ich mich auf eine noch weitere Entfernung von WMDE und derselben einstellen?„, fragt Achim Raschka.

Die große Frage bleibt also: Wie kann die Community besser mitgestalten? Daran wird auch zukünftig der Vorstand von Wikimedia Deutschland gemessen werden.

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Software-Expertin wird neue Chefin von Wikimedia

Nach langer Suche hat die Wikimedia Stiftung eine neue Geschäftsführerin (Executive Director) gefunden. Wie die Wikimedia Foundation bekannt gab, wird die Software-Expertin Lila Tretikov am 1. Juni die Geschäftsführung der Stiftung hinter Wikipedia übernehmen.

Tretikov wurde am 25. Januar 1978 in der Sowjetunion geboren. Mit 16 Jahren zog sie von Moskau nach New York City. Die Informatikerin begann ihren beruflichen Werdegang bei Sun Microsystems. Später arbeitete sie unter anderem für eine Marketingfirma.

Sue Gardner (r.) und ihre Nachfolgerin Lila Tretikov, Monthly Metrics and Activities Meeting der Wikimedia Foundation, Mai 2014. Bild: Wikimedia Commons (User:Vgrigas), CC BY-SA 3.0

Zuletzt war sie IT-und Produktleiterin bei SugarCRM – einer Firma, die Open-Source-Software im Bereich Kundenpflege (Customer-Relationship-Management, kurz CRM) anbietet.

Lila Tretikov löst Sue Gardner ab, die seit 2007 die Wikimedia-Stiftung leitet. Gardner hatte vor etwa einem Jahr ihren Rückzug angekündigt.

Dank Gardners Strategie steht die Wikimedia Foundation finanziell blendend da. Die jährlichen Einnahmen und das Vermögen der Stiftung steigen jedes Jahr kontinuierlich an. Pro Jahr stehen knapp 50 Millionen Dollar zur Verfügung.

Geld ist nicht alles: Zu einem geradezu existenziellen Problem ist der Autorenschwund bei Wikipedia geworden. Die Zahl der Autoren sinkt seit Jahren kontinuierlich.

Ein weiteres großes Problem ist die mangelnde Vielfalt. Wikipedia ist nicht nur zu männlich, sondern hat auch geographisch eine deutliche Schieflage: Wie der renommierte The Economist jüngst berichtet hat, beschäftigen sich nur 2,6 Prozent der geo-getaggten Artikel mit Afrika, wo 14 Prozent der Weltbevölkerung leben.

Die größte Herausforderung für Tretikov wird es sein, die wachsende Kluft zwischen Wikimedia und den Communities zu überwinden. Die Einführung des Visual Editors ist ein Beispiel dafür, wie die Stiftung über die Köpfe der Community hinweg entschieden hat.

Der neuen Chefin wünschen wir viel Erfolg!

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Relevanzkriterien und Löschpraxis. Oder: Wie man Autoren aus Wikipedia vertreibt

Kein Wunder, dass es Wikipedia immer schwerer fällt, neue Autoren zu gewinnen. Viel zu strenge Relevanzkriterien und eine damit verbundene Löschpraxis führen zu einem „Löschwahn“, der gerade Neulingen die Mitarbeit vergrault.

Aktuell zeigt die Diskussion zum „Dorfkirchenwahn“ welchen Schaden die derzeitigen Relevanzkriterien in Wikipedia anrichten können. Die Geschichte von Benutzer:Huckety hätte eine Erfolgsstory werden können. Warum sie es nicht geworden ist, und was dagegen getan werden kann, davon handelt der folgende Beitrag.

Kompromisslose „Löschhölle“

Huckety ist ein Benutzer, wie Wikipedia ihn sich wünscht. Seine freie Zeit nutzt der Rentner, um mit dem Fahrrad das Umland im westlichen Nordrhein-Westfalen zu erkunden und dabei Denkmäler zu fotografieren.

Anfangs beschränkte er sich darauf, seine Fotos der Mediendatenbank Wikimedia Commons zur Verfügung zu stellen. Doch bald fing er an, auch Artikel zu Denkmälern und Gebäuden seiner Umgebung anzulegen. Bis heute hat Huckety 454 Artikel geschrieben oder um mehr als 50 Prozent erweitert.

Weil er nicht nur einzelne Gebäude darstellen, sondern ein Gesamtbild seines Heimatkreises wiedergeben wollte, legte Huckety Artikel zu Kapellen an, die gar nicht unter Denkmalschutz stehen und auch sonst nicht als relevant genug im Sinne der Kriterien der Wikipedia gelten.

Nicht weiter schlimm, sollte man meinen. Wenn sich jemand die Mühe macht, warum nicht. Weit gefehlt! Ende 2013 wurde Benutzer:Matthias darauf aufmerksam, dass immer mehr Dorfkirchen aus dem Kreis Heinsberg einen eigenen Artikel bekamen.

„Muss dass wirklich sein? Wiki ist doch kein Kirchenführer.“

Er eröffnete eine Projektdiskussion, um den „Dorfkirchenwahn“ in Wikipedia zu stoppen. Die Resonanz fiel mager aus. Die Mehrzahl der Diskussionsteilnehmer hatte mit den Dorfkirchen kein Problem und sprach sich für ein Behalten aus.

Wieder einer weniger

Anfang Januar 2014 bekam Huckety die erste computergenerierte Nachricht. Der freundliche Ton täuscht über den Inhalt hinweg. Hier soll ein Artikel gelöscht werden, in den jemand viel Arbeit investiert hat.

„Du hast gewiss einiges an Arbeit hineingesteckt und fühlst dich vielleicht vor den Kopf gestoßen, weil dein Werk als Bereicherung dieser Enzyklopädie gedacht ist. Sicherlich soll aber mit dem Löschantrag aus anderer Sichtweise ebenfalls der Wikipedia geholfen werden. Bitte antworte nicht hier, sondern beteilige dich ggf. an der Löschdiskussion. Grüße, Xqbot“

Das Computerprogramm Xqbot teilte ihm mit, dass ein IP-Benutzer die Löschung seines Artikels zur St. Lambertuskapelle beantragt hat, weil ihm das Gebäude nicht relevant genug erschien. Etwa einen Monat später folgte der nächste Löschantrag, einen Tag danach der dritte. So ging es immer weiter.

„Beinahe alle diskutierenden Benutzer sprachen sich für Behalten aus, und das mit hinreichenden Begründungen und Verweisen auf andere Fälle.“ (Wikipedia Löschprüfung)

Insgesamt hinterließ der Bot 13 Mal den Hinweis, dass ein Artikel von Huckety zum Löschen vorgeschlagen wurde. Obwohl sich wieder die Mehrheit der Benutzer für ein Behalten der Bauwerke ausgesprochen hatte, wurden fast alle Artikel gelöscht.

„Eine Löschung ist eine sehr rigide Maßnahme und sollte daher das letzte Mittel sein. (…) Bedenke, dass wir in vielen Jahren auch schon sehr viele gute Autoren verloren haben.“ (Wikipedia:Löschregeln)

Niemand der eifrigen Löschprüfer hielt es für nötig, Huckety direkt auf die Relevanzprobleme seiner Artikel anzusprechen. Statt einen Kompromiss zu suchen, wurde ein Löschantrag nach dem anderen gestellt.

Huckety selbst meldete sich nur ein einziges Mal frustriert zu Wort und schlug einem der Antragsteller vor, doch gleich alle Kapellen zu löschen:

„Hallo Alupus, warum stellst Du keinen Antrag gleich alle Kapellen zu löschen. Meinen Segen als Autor hast du.“

Und es kam, wie es kommen musste: Huckety hat die Arbeit in der Wikipedia eingestellt. Seine Bilder und Texte wird er in Zukunft wieder auf  seiner Homepage veröffentlichen.

Die Entscheidung ist absolut nachvollziehbar. Wer will sich schon in seiner kostbaren Freizeit von löschfreudigen Admins ärgern lassen und gegen Windmühlen kämpfen?

„Nach den zahlreichen Löschungen habe ich die Lust an Wikipedia verloren. Ich werde die Kirchen und Kapellen auf meiner eigenen Homepage darstellen, denn da habe nur ich die Löschrechte.“

Die Macht der „Relevanzfetischisten“

Das alles geschah mehr oder weniger unbemerkt von der Community. Erst der Artikel „Von Kapellen und Frittenbuden“ von Benutzer:Superbass im Wikipedia-Nachrichtenblatt „Kurier“ machte die Geschichte bekannt.

Seitdem ist die Empörung groß. Viele User sind fassungslos und machen ihrem Ärger über die „Löschmeister“ deutlich Luft.

„Wenn die Löschfraktion sich Mühe gibt sind bald keine Autoren mehr da. Der Blick in die Löschdiskussionen macht mich immer wieder fassungslos.“

Der Frust ist verständlich. Viele User haben das Gefühl, dass die in den zahlreichen Diskussionen vorgebrachten Argumente von den löschenden Admins kaum berücksichtigt worden sind. Offenbar haben einige von ihnen wichtige Grundprinzipien nicht verstanden.

Der folgende Überblick zeigt, worauf es ankommt:

  • Relevanzkriterien dienen als Orientierungshilfe: Erfüllt ein Artikel die Kriterien nicht, so führt das nicht automatisch zum Löschen.
  • Relevanzkriterien sind Einschlusskriterien: Das Löschen eines Artikels ist die Ausnahme, nicht die Regel. Entscheidend ist immer der jeweilige Einzelfall.
  • Löschen als Ultima Ratio: Ist die Relevanz fraglich, müssen Admin und Autor gemeinsam darauf hinarbeiten, wie das Thema erhalten bleiben kann.
  • Qualität steht über Relevanz: Informative und quellenbasierte Artikel sind eine Bereicherung für Wikipedia.
  • Löschanträge individuell begründen: Auf der Diskussionsseite des betroffenen Autors sollte eine individuell formulierte und begründete Nachricht hinterlassen werden, weshalb der Löschantrag gestellt wurde.
  • Mehrheit als Maßstab: Löschdiskussionen sind keine Abstimmungen. Spricht sich aber die Mehrheit für das Behalten eines Artikels aus, müssen sehr gewichtige Argumente für ein Löschen vorgebracht werden.
  • Neulinge sind wichtig für das Projekt: Gerade neue Autoren resignieren schnell und fühlen sich durch Löschanträge vor den Kopf gestoßen.

Business as usual?

Die rigide Löschpraxis hat in der Community eine Welle der Empörung ausgelöst. Wie soll es weitergehen, wenn sich die Wogen wieder geglättet haben? Der einfachste Weg wäre einfach so weiterzumachen wie bisher. Besser wäre es, aus Fehlern zu lernen.

„Ermessen heißt aber vor allem, Respekt gegenüber den freiwilligen Autoren und deren Arbeit zu haben. Ein nur bedingt relevanter, jedoch informativer und ordentlich geschriebener Artikel ist im Vergleich zum Verlust eines engagierten Autors, verärgerter Wikipedianer (…) das deutlich kleinere Problem.“ (Benutzer:Cosinus)

Die zahlreichen Diskussionen haben gezeigt, dass die verantwortlichen Admins viel sensibler mit Löschanträgen umgehen müssen. Sie tragen Verantwortung für die gesamte Wikipedia.

Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch die Folgen eines gelöschten Artikels für dessen Autor und dessen künftige Arbeit in Wikipedia zu berücksichtigen.

Autoren, die von einem löschwütigen Admin betroffen sind, sollten sich an die Community wenden (oder an uns) und den Fall bekannt machen. Zumindest in diesem Fall sollten weitere Admins eingeschaltet werden, um den „Löschwahn“ einzelner Admins zu stoppen, zumindest aber deren Berechtigung zu prüfen.

 

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„Verdeckte PR in Wikipedia“ – die Studie im Faktencheck

Verdeckte PR in Wikipedia ist bereits heute ein großes Problem. Zu diesem Ergebnis kommt die umstrittene Studie (PDF) von Marvin Oppong.

Anhand von Fallstudien einzelner Artikel zeigt der Autor wie Unternehmen, Verbände, Parteien und Einzelpersonen versuchen, durch Eingriffe in die Artikel der Online-Enzyklopädie ihr Bild in der Öffentlichkeit zu schönen.

Im Fokus der Studie stehen nicht nur große Unternehmen (RWE, Daimler, BASF), sondern auch einzelne Autoren der deutschen Wikipedia, die sich für das Schreiben von Artikeln offenbar bezahlen ließen. Eigene Kapitel haben das ehemalige Wikimedia-Vereinsmitglied Achim Raschka und der Autor „7Pinguine“.

Tendenziös und veraltet

In den meisten Medien (Übersicht) wurden die Ergebnisse der Studie nahezu kritiklos übernommen, ohne sie im Einzelnen zu hinterfragen. So entsteht der Eindruck: verdeckte „PR und Manipulation sind in Wikipedia allgegenwärtig„.

In der Community kommt die Studie der gewerkschaftsfinanzierten Otto-Brenner-Stiftung gar nicht gut an. Dem Autor werden Lügen unterstellt, Benutzer:Achim Raschka drohte sogar mit rechtlichen Schritten gegen die Publikation.

Oppong gehe es allein darum, einen Skandal herbeizuschreiben. Die Studie leide an zahlreichen sachlichen Fehlern. Die Recherche sei auf dem Stand von vor 2 oder 3 Jahren. Vor allem sei die Studie aber eins – tendenziös.

PR-Studie im Faktencheck

Marvin Oppong hat sich mit seiner Studie das Ziel gesetzt, „Leserinnen und Leser mit wenig oder durchschnittlichen Vorkenntnissen zu Wikipedia“ über das Thema „Verdeckte PR in Wikipedia“ zu informieren.

Das gelingt ihm – soviel vorweg – leider nicht. Im Faktencheck sagen wir, warum.

  • Offenlegung der Accounts von Unternehmen und Verbänden (S. 95)

Zitat: Doch wäre es bereits ein großer Fortschritt, wenn Wikipedia-Accounts, von denen aus Unternehmen Änderungen vornehmen, als solche erkennbar wären – vor allem im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit von Editierungen in der Versionsgeschichte und weil andere Wikipedia-Nutzer auf diese Weise gezielt Kommentare auf der Diskussionsseite des jeweiligen Wikipedia-Accounts hinterlassen könnten.

Fakt: Gibt es längst! Oppong verschweigt, dass es seit 2011 verifizierte Benutzer in der deutschen Wikipedia gibt. Zahlreiche Unternehmen und Verbände arbeiten bereits damit. Ein vorbildliches Benutzerkonto hat etwa die Pressestelle von Hochtief.

„Dies ist der Account der HOCHTIEF Konzernpressestelle bei Wikipedia. Wir möchten gerne dazu beitragen, dass die Informationen über unser Unternehmen aktuell und richtig sind. Dabei wollen wir uns gerne jeglicher Schleichwerbung oder anderer Dinge, die in Wikipedia nicht gerne gesehen sind, enthalten. Sofern es Fragen zu uns bzw. unseren Aktivitäten in Wikipedia gibt, bitte einfach an die unten stehende Adressen wenden.“

  • Raschkas Account-Lüge (S. 81 f.)

Zitat: Obwohl Raschka nach wie vor vorgibt, mit dem Account „Achim Raschka (Nawaro)“ nur im Zusammenhang mit dem WikiProjekt „Nawaro“ editiert zu haben, editierte er über den Nawaro-Account den Eintrag über den französischen Ort Le Roulier, mehrfach den Artikel über den Laternenhai sowie die Artikel „Rum“, „Erdflöhe“ und „Chaim Weizmann“. (…) Über seinen Nawaro-Account editierte Raschka auch das Lemma „Rimonabant“, laut Wikipedia ein „Arzneistoff, der als Appetitzügler zur Behandlung des Übergewichts eingesetzt wurde, eigentlich aber zur Raucherentwöhnung von dem Pharmaunternehmen Sanofi-Aventis entwickelt wurde“.

Anmerkung: Das Projekt „Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia“ wurde im Juni 2007 gegründet. Mitarbeiter des Projektteams sind an einem „Nawaro“ in ihrem Benutzernamen erkennbar. Im Rahmen des Vorhabens sollten 150 neue Artikel zum Thema „Nachwachsende Rohstoffe“ entstehen.

Fakt: Der Vorwurf, Raschka habe nicht sauber zwischen Edits unter dem Account „Achim Raschka“ und „Achim Raschka (Navaro)“ unterschieden, ist übertrieben. Es mag sein, dass er mit seinen Accounts vereinzelt durcheinander gekommen ist. Das rechtfertigt aber noch lange nicht den Vorwurf der Lüge. Die Edits waren stets eindeutig identifizierbar. Von verdeckter PR kann hier keine Rede sein.

„Dass das NAWARO-Projekt eine heikle Sache war, eine Gratwanderung, bei der Achim möglicherweise nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat, bestreite ich nicht“, schreibt Benutzer:Mautpreller. „Es ist jedoch eine blanke Absurdität, Achim ausgerechnet daraus, dass er ab und an mal mit seinen eindeutig identifizierbaren und auf einen Klarnamen zurückführenden Accounts durcheinander gekommen sein mag, eine Lüge anzudichten.“

Achim Raschka selbst äußerte sich zu dem Vorwurf wie folgt:

„Sollte er tatsächlich auch übersehen haben, dass der Chemiker Chaim Weizmann der Erfinder der ABE-Fermentation ist, die im Bereich der Industriellen Biotechnologie ziemlich zentral ist? Aber ich gebe zu, dass der Laternenhai und die Erdflöhe heftig belastend sind. Toll ist das Beispiel Rimonabant, wo er mir diesen Edit zum Vorwurf macht – die Einfügung der Kategorie Cannbinnoid wollte ich also vertuschen, weil ich für Sanofi-Aventis arbeite ….? Puh – ich glaube, wenn ich den ganzen Text kommentieren würde, könnte ich selbst eine hundertseitige Broschüre schreiben.“

Zitat: Raschka nahm entgegen seiner Account-Aussage sowohl als Leiter des „Nawaro“- Projekts als auch unter seinem Account „Achim Raschka“ Änderungen in Wikipedia-Artikeln im Themenbereich Nachwachsende Rohstoffe vor und verwendete darüber hinaus seinen offiziellen „Nawaro“-Account nicht nur für das Projekt, sondern auch für Edits zu „Rum“, Haschisch und Rauchutensilien.

Fakt: Marvin Oppong hat übersehen (oder übersehen wollen?), dass die kritisierten Edits mit dem Bereich Nutzhanf verknüpft sind.

Raschkas Kommentar dazu fällt dementsprechend spöttisch aus:

„Hat mich Oppong jetzt als Kiffer entlarvt, weil ich Edits an Roter Libanese, dem Rauscheimer, Blunts und Cannabis vorgenommen habe – oder hat er evtl. nur übersehen, dass diese Edits mit dem Bereich Nutzhanf und der dortigen Sortierung der Hanfthemen verknüpft sind (…)?“

  • Kontakt zwischen „7Pinguine“ und Leibinger-Stiftung (S. 64f.)

Zitat: „7Pinguine“ nahm auch Schönheitskorrekturen am Artikel über die Unternehmensgruppe Trumpf vor.

Fakt: Viel heiße Luft. „7Pinguine“ entfernte zwei Doktortitel bei den Geschäftsführern und korrigierte eine Kategorie von „Laser“ in „Lasertechnik“. Oppong unterschlägt, dass Trumpf seit dem 30. August 2005 ein eigenes Benutzerkonto hat, mit dem die Firma in der Wikipedia mitschreibt. So entsteht ein völlig falsches Bild.

  • Informationen zu „Nestlégate“ beseitigt (S. 66f.)

Zitat: „7Pinguine“ löschte nur wenige Tage nach der Fernseh-Berichterstattung aus den deutschsprachigen Wikipedia-Artikeln über Nestlé und die Schweizer Securitas AG jeweils einen ganzen Absatz, der die Bespitzelungsaktion und den TSR-Bericht zum Gegenstand hatte (…). Einen Abschnitt „Kritik“ gab es danach in dem Securitas-Artikel nicht mehr. „7Pinguine“ war der Ansicht: „Dass eine Mitarbeiterin bei Attac eingeschleust wurde, ist an sich ja für eine Sicherheitsgesellschaft und angesichts der ‚Störungen‘ durch Attac noch nichts Außergewöhnliches.“

Anmerkung: 2003 infiltrierte eine Mitarbeiterin der Securitas AG im Auftrag von Nestlé unter falschem Namen eine Schweizer Gruppe der globalisierungskritischen NGO „Attac„, um Informationen zu sammeln. Für diese unerlaubte Infiltration wurde Securitas 2012 zu einer Geldstrafe verurteilt.

Fakt: Will Oppong damit sagen, dass sich „7Pinguine“ für die Löschaktion von der Securitas AG bezahlen lies? Das ist reine Spekulation. In der Diskussion zum Abschnitt „Kritik“, aus der Oppong (verkürzt) zitiert, ergibt sich ein ganz anderes Bild. „7Pinguine“ ging es offenbar darum, die weitere Entwicklung in der Affäre abzuwarten, bevor die Geschichte in Wikipedia landet.

Der Vollständigkeit halber hier das ungekürzte Zitat aus der erwähnten Diskussion:

„Ich habe gar nichts dagegen den Artikel insgesamt zu neutralisieren. Was die Kritik angeht, so habe ich auch nichts dagegen, so lange es nicht ‚das Rasuchen im Blätterwald‘ ist. ME ist die jetzige ‚Affäre‘ nicht wirklich einen Eintrag Wert, da noch ungeklärt ist, ob Securitas gegen Regeln verstoßen hat. Dass eine Mitarbeiter bei Attac eingeschleust wurde, ist an Sich ja für eine Sicherheitsgesellschaft und angesichts der ‚Störungen‘ durch Attac noch nichts außergewöhnliches. Mir wäre wohler, da etwas abzuwarten, wie sich die Sache entwickelt. Relevante Kritik kann ja gerne hin, obwohl ich nicht der Meinnung bin, dass Artikel um so besser sind, je mehr Kritik darin enthalten ist. Hat hier irgend einer sonst etwas dagegen, wenn der Eintrag auf enzyklopädisches Maß reduziert wird? Da steht in der Tat viel belangloses mit Werbecharakter drin.“

  • FDP-Parteispende weggestrichen (S. 68)

Zitat: Auch in den Eintrag über die FDP griff „7Pinguine“ – nach eigenen Angaben selbst FDP-Mitglied – insgesamt 15-mal ein. Dabei löschte er mehrere kritische Äußerungen über die Partei und Quellenangaben zu kritischen Presseberichten, eine Zwischenüberschrift „Kritik“, aber etwa auch die Worte „nach einer Parteispende“ in einem Passus, der davon sprach, dass man zu Beginn der CDU/FDP-Koalition über Steuersenkungen für die Hotelbranche stritt.

Fakt: Oppong biegt sich offenbar seine Wahrheit zurecht, „7Pinguine“ habe in eigenem Interesse in dem FDP-Eintrag editiert. Die Änderungen – im Einzelnen nachzuvollziehen auf der Diskussionsseite von „7Pinguine“ – gehen nicht über das hinaus, was jeder andere Autor in Wikipedia auch tut. Es gibt keine Anhaltspunkte für verdeckte PR.

Wilde Spekulationen, gezielte Auslassungen und wenig Neues

Marvin Oppongs Studie ist nicht immer seriös. Sie kleidet sich in das Gewand des Aufklärers. Doch die vielen Spekulationen, wagen Andeutungen und Ungenauigkeiten tragen nicht zur Informiertheit der Leser bei. Im Gegenteil: sie führen ihn in die Irre.

Recherchefehler können passieren. Marvin Oppong scheint sich jedoch bewusst dafür entschieden zu haben, es nicht allzu genau zu nehmen und das Thema „Verdeckte PR in Wikipedia“ zu skandalisieren.

Die Studie basiert auf Ergebnissen der Recherchen zum Thema „Von Editierkriegen und Löschhöllen – Auftrags-PR in der deutschen Wikipedia“, die in der ZEIT, auf Spiegel Online und in der Financial Times Deutschland veröffentlicht wurden.

Die Veröffentlichungen riefen kritische Reaktionen innerhalb und außerhalb der Wikipedia hervor (siehe zum „Fall Daimler“ hier und hier), mit denen sich Oppong hätte auseinandersetzen müssen. Stattdessen wärmt der Autor alles noch einmal auf und nennt das ganze Studie.

Wiki-Watch kritisierte schon im Dezember 2011 den Zeit-Artikel „Wikipedia oder Wahrheit“ von Marvin Oppong über das Projekt “Nachwachsende Rohstoffe in der Wikipedia”:

„Was bleibt also nach dieser Geschichte? Bisher ist sie einmalig, eine ähnliche öffentlich geförderte Großaktion zum Auf- und Ausbau eines Themenbereichs gab es bisher in der deutschsprachigen Wikipedia nicht. Interessanter als ihre generelle Skandalisierung wäre die Auseinandersetzung mit der Qualität der dort entstandenen Inhalte. Die groß angelegte Recherche, die die Zeit veröffentlichte, förderte keine inhaltlichen Mängel oder tendenziöse Informationsauswahl zutage.“

Das Politikmagazin MONITOR hat sich von der Studie nicht beeindrucken lassen. In dem sehenswerten Beitrag „Inside Wikipedia – Angriff der PR-Industrie“ kommt Oppong gar nicht erst vor.

„Verdeckte PR ist schlecht, ist unethisch, ist vom Teufel. PR sollte immer offen sein, weil das immer manipulativ ist, wenn man nicht weiß, woher die Informationen kommen .“ (Prof. Günter Bentele in Monitor, Sendung vom 30.01.2014)

Und das ist gut so. Denn das Interview mit dem Vorsitzenden vom Deutschen Rat für Public Relations Prof. Günter Bentele macht deutlich, dass verdeckte PR in Wikipedia eben nicht der Normalfall ist.

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Wikipedia-Tools ziehen um auf neuen Server in den USA – ist der Datenschutz in Gefahr?

Ein Sturm braut sich zusammen in der Wikipedia-Community. Bis Mitte 2014 müssen alle Wikipedia-Tools vom Toolserver auf eine neue Infrastruktur umziehen. Ist dadurch der Datenschutz in Wikipedia in Gefahr?

Der Toolserver von Wikimedia Deutschland ist eine Plattform der Community, auf der Software für Wikipedia und ihre Schwesterprojekte entwickelt werden kann. Die kleinen Hilfswerkzeuge („Tools“) sind in vielen Wikimedia-Projekten im Einsatz. Sie erleichtern die Arbeit in Wikipedia etwa durch Analysen, Suchfunktionen, automatische Bearbeitungen.

Ende Juni 2014 wird der Toolserver aus verschiedenen Gründen abgeschaltet. In Zukunft werden alle Tools zentral von der Wikimedia Foundation (WMF) verwaltet. Dazu hat die WMF Tool Labs als neue Plattform für die Entwicklung von Software bereitgestellt.

Damit die durch die Community entwickelten Tools weiter laufen können, müssen sie bis Mitte 2014 vom Toolserver in Amsterdam auf eine neue Infrastruktur in den USA umziehen. Was nicht umzieht, wird gelöscht.

Tool Labs macht vieles anders. Nicht nur die Infrastruktur ist neu. Labs hat einen völlig anderen Ansatz als der Toolserver: Das Projekt wird von Anfang an von bezahltem Personal konzipiert und aufgebaut. Freiwillige Admins können mitmachen, die Verantwortung liegt aber ganz bei der Foundation. Obendrein ist nur noch Open-Source-Software zugelassen.

Tool Labs – eine Gefahr für den Datenschutz?

Auch beim Datenschutz bringt der Umzug auf die neuen Server Änderungen mit sich. Faktisch verliert Wikimedia Deutschland die Kontrolle über die Nutzerdaten. Zukünftig entscheiden neue Regeln der Foundation darüber, was mit den Daten der Nutzer der deutschen Wikipedia geschieht.

In der Community befürchten deshalb viele, dass es mit dem Datenschutz den Bach runtergeht. Sind die Sorgen berechtigt? Welche Regeln gelten bisher? Was ändert sich für die Nutzer von Tool Labs? Ist Tool Labs eine Gefahr für den Datenschutz?

In Wikipedia gibt es grob gesagt zwei Arten von Daten: Daten, die öffentlich sind (z.B. die Benutzerbeiträge, die dazugehörigen Benutzernamen und ein Zeitstempel) und Daten, die nur von Benutzern mit besonderen Rechten einsehbar sind.

Auf öffentliche Daten kann jeder zugreifen. Für sich allein sind sie erst einmal kein Problem. Aber in aggregierter Form lassen sich aus ihnen Benutzerprofile erstellen, die – so die Befürchtung – das Recht auf Anonymität aufweichen, im schlechtesten Fall ganz aushebeln.

Deep User Inspector – der gläserne Nutzer?

Das klingt erst einmal ziemlich theoretisch. Was das praktisch bedeutet, zeigt der heftig kritisierte Deep User Inspector (DUI), der ohne Einwilligung gespeicherte Daten zusammenfasst und auswertet.

Der DUI funktioniert ganz einfach: Sprachversion auswählen, Benutzernamen eingeben – schon nach kurzer Zeit kann man sehen, was jeder x-beliebige Nutzer in Wikipedia an Spuren hinterlassen hat.

Gelistet wird die Anzahl der Beiträge, Statistiken zu den Uhrzeiten, an denen ein Benutzer aktiv war, das Abstimmverhalten und vieles mehr. Kritiker solcher Analyse-Tools fürchten den gläsernen Nutzer in Wikipedia.

Was kann man machen gegen Analyse-Tools wie DUI, X!’s Edit Counter oder WikiChecker, die auf frei einsehbare Daten zurückgreifen? In seinem Aufruf „Der Umgang mit unseren Nutzerdaten“ fordert Wikipdia-Autor NordNordWest – einer der härtesten Gegner des DUIs – die Foundation dazu auf, die Datenaggregierung nur noch mit Zustimmung der Benutzer zuzulassen:

„Die Foundation sollte sich verpflichten, den Schutz ihrer angemeldeten Benutzer höher zu bewerten und entsprechende Schritte einzuleiten. In einem ersten Schritt gehört dazu die Selbstverpflichtung, bei allen Werkzeugen auf ihren eigenen Servern, die der detaillierten Benutzerdatenaggregierung dienen, analog den Regeln für den Toolserver wieder verpflichtend ein Opt-in zu verlangen.“

Zudem sollen künftig weit weniger Nutzerdaten als bisher gespeichert werden, um das Ausspähen der User zu erschweren. Über 120 Nutzer der Wikipedia unterstützen den Vorschlag, die Erhebung von Nutzerdaten zu drosseln.

Das Problem ist nur: Wer bestimmte Daten über Nutzer gar nicht erst speichert, gefährdet Transparenz und Nachvollziehbarkeit in Wikipedia. Wie das Internetportal Futurezone zeigt, sind Daten wie die sekundengenaue Uhrzeit von Textänderungen, die IP-Adresse des Autors oder dessen Nutzername notwendig, um nachzuweisen, wann Änderungen vorgenommen worden sind, was beispielsweise bei urheberrechtlichen Fragen eine wichtige Rolle spielen kann. Auch Manipulationen lassen sich auf diese Weise gezielt aufspüren.

Bei der Wikimedia Foundation hält man die Bedenken der deutschen Community offenbar für paranoid. Sie hat jedenfalls unmissverständlich mitgeteilt, dass es mit ihr keine Datendrosselung geben wird.

„Obfuscating user contributions data or limiting our existing export will not happen. The Wikipedia projects are wikis, edits to it are by nature public activities that have always been, and always must be, available for scrutiny. MPelletier (WMF) (talk) 21:10, 20 December 2013 (UTC)“

Datenschutzrichtlinien im Vergleich

Zurück zu Tool Labs. Kritiker des neuen Systems behaupten, die bisherigen Toolserver-Regeln lassen Tools wie DUI nur mit Einverständniserklärung des jeweiligen Benutzers im Opt-in-Verfahren zu.

„Solange die Werkzeuge dazu auf dem Toolserver liefen, waren Benutzerprofile aus aggregierten Daten nur nach Einverständniserklärung des jeweiligen Benutzers möglich (Opt-in-Verfahren).“

In der Datenschutzerklärung für den Toolserver heißt es:

„Tools that allow profiling of individual user’s activity (beyond what can easily be achieved directly on the public wiki sites) must only be applied with the respective user’s consent (opt-in).“

Das bedeutet: Tools, die Benutzerprofile aus öffentlichen Daten erstellen, auf die jeder Zugriff hat, benötigen keine Zustimmung. Sensible Daten dürfen hingegen nur mit Zustimmung des Nutzers im Opt-in-Verfahren verwertet werden.

Sonderregeln („Special Cases„) gelten aber für sog. „Edit counter“: Soweit diese Tools erfassen, wer wann welchen Edit gemacht hat, benötigen sie ebenfalls eine ausdrückliche Zustimmung des Nutzers.

Counting edits per person per time of day requires consent, because it may lead to conclusions about the user’s location or lifestyle.

Welcher Maßstab gilt für Tool Labs? Tool Labs-Entwickler haben zunächst einmal sehr weit reichenden Zugriff auf die Nutzerdaten, sogar auf E-Mail-Adressen und Passwort-Hashes. Nicht einmal Checkuser haben so weitreichende Rechte.

Andererseits dürfen personenbezogene oder private Daten (z.B. Benutzername, Passwort, IP-Adresse) nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Nutzer gesammelt werden, egal ob es sich um öffentlich verfügbare Daten handelt oder nicht.

„You should not collect or store private data or personally identifiable information, such as user names, passwords, or IP addresses (‚Private Information‘) from the individuals using your Labs Project (‚End Users‘). (…) If you do collect any Private Information, you must: (…) Get express authorization from the End Users for the collection.“

In den Terms of Use wird sogar explizit davon abgeraten, „Private Information“ der Nutzer zu sammeln (siehe „What uses of Labs do we not like?“).

„Do not collect or misuse private information of users, as defined in “Private Information”, below.“

Das liest sich auf den ersten Blick vernünftig. Dennoch ist die Datenschutzerklärung für Tool Labs misslungen. Die Regelung lässt völlig offen, wie genau die Einwilligung eingeholt werden muss. Muss ein Nutzer aktiv einwilligen („Opt-in“) oder reicht es aus, wenn er – z.B. über ein Anpassen der Einstellungen – die Möglichkeit hat, der Verwendung zu widersprechen („Opt-out“). Darüber hinaus ist unklar, unter welchen Voraussetzungen „Edit counter“ die Einwilligung der Nutzer benötigen.

Aus Perspektive der deutschen Community ist Tool Labs ein Rückschritt. Vor allem deshalb, weil die Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten so schwammig formuliert sind. Es ist jedoch übertrieben, vom „Ende des deutschen Datenschutzrechts“ zu sprechen, wie es Benutzer:NordNordWest und seine Unterstützer tun. Wahr ist aber, dass die Privacy Policy vom Toolserver bei „Edit countern“ wie dem viel kritisierten Deep User Inspector eine ausdrückliche Zustimmung des Nutzers verlangt. Tool Labs kennt diese ausdrückliche Einschränkung nicht.

Schutz durch Pseudonymität und Datensicherheit

Tools, die das Verhalten von Nutzern in Wikipedia systematisch erfassen und analysieren, können viel über deren Interessen und Persönlichkeit verraten.

  • Jeder neue Nutzer sollte sich bei der Anmeldung daher zuerst Gedanken über die Wahl seines Benutzernamens machen. Jeder, der in Wikipedia unterwegs ist, sollte ein Pseudonym verwenden.
  • Neben Pseudonymität ist Datensicherheit besonders wichtig. Alle Informationen, aus denen sich eine „digitale Identität“ zusammensetzen lässt, müssen gegen den Missbrauch durch Dritte geschützt werden.
  • Nutzerdaten auf Tool Labs müssen sicher sein. Sicherheitslücken, die im Oktober 2013 dazu führten, dass etwa 228 Labs-Benutzer Zugriff auf E-Mail-Adressen und Passwort-Hashes hatten, müssen künftig vermieden werden.

Nutzer-Tracking: Die Sammelwut von Wikimedia

Analyse-Tools, dies das Nutzerverhalten ermitteln, sind nicht das einzige Problem. Die Wikimedia-Stiftung selbst will ran an die Daten der Nutzer: Das geht hervor aus dem Entwurf der neuen Datenschutzrichtlinie für die Wikimedia-Projekte.

„Wir sind uns bewusst, dass manche dieser Technologien nicht unbedingt einen guten Ruf genießen und für zwielichtige Zwecke eingesetzt werden können. Daher möchten wir uns so deutlich wie möglich dazu äußern, warum wir diese Methoden einsetzen und welche Art von Informationen wir so erfassen.“ (aus dem Entwurf der Datenschutz-Erklärung von Wikipedia)

Danach sollen zukünftig Daten über jeden einzelnen Account gesammelt werden können, beispielsweise wer wann welche Wikipedia-Seite wie lange besucht hat. Die Foundation spricht im Kapitel „Von uns erfasste Daten“ von Methoden, die „nicht den besten Ruf genießen und zu unerwünschten Zwecken verwendet werden können„.

Doch der Zweck heiligt offenbar die Mittel. In der neuen Datenschutz-Erklärung von Wikipedia heißt es nun:

„JavaScript und Zählpixel helfen uns,…

  • Deine Nutzung persönlicher zu gestalten, zum Beispiel durch den Einsatz von Cookies, die deine Spracheinstellung kennen, deine Benutzereinstellungen speichern, damit wir dir die Benutzeroberfläche mit den von dir gewünschten Anpassungen anzeigen können, und die es ermöglichen, dich über interessante Wikimedia-Themen und Veranstaltungen in deiner Region zu informieren.
  • Zu verstehen, wie du die Wikimedia-Seiten nutzt, damit wir wissen, was funktioniert und was sinnvoll ist. Zum Beispiel könnten wir Cookies einsetzen, um in Erfahrung zu bringen, welche Artikel du auf deiner Beobachtungsliste verfolgst, damit wir dir ähnliche Artikel empfehlen können, die dich auch interessieren könnten.“

Wir finden: Derartige Praktiken gefährden die Anonymität im Internet und schaden dem Vertrauen in die Wikimedia Foundation.

Anmerkung zur Speicherung von Daten durch die Wikimedia Foundation:

Noch bis zum 14. Februar 2014 kann der Entwurf eines Leitfadens zur Datenspeicherung kommentiert werden. Darin ist vorgesehen, dass künftig die IP-Adressen von nicht angemeldeten Nutzern nach 90 Tagen gelöscht, aggregiert oder anonymisiert werden. Wie Hyperland berichtet, sollen Daten zu Nutzeraktivitäten hingegen unbegrenzt gespeichert werden.

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