Der Umgangston auf Wikipedia ist zu rau und vergrault insbesondere neue aber auch viele erfahrene Autoren. Das ist keine Neuigkeit, sondern ein altbekanntes Problem der Wikipedia.
Die Wikipedia selber hat zu diesem Thema einige Initiativen aber noch keine ambitionierten oder vielversprechenden Lösungsansätze gefunden. So kommt es, dass die vergiftete Diskussionskultur in Wikipedia noch immer ein großer Hemmschuh für ihre Qualitätssicherung und -steigerung ist.
Wikimedia hat, um diesen Themenkomplex anzugehen, eine kleine Studie beauftragt. Dort wurden zehn Autoren der Wikipedia in qualitativen Interviews zu ihren Erfahrungen mit Kommunikation in der Wikipedia und wie man diese positiver gestalten kann, befragt.
In dieser recht kleinen Stichprobe finden sich die Probleme (S. 6-7) in der Kommunikation unmissverständlich wieder, die Wikipedia-Kritiker und Wikipedianer selbst seit Jahren thematisieren:
- kommentarloses Löschen von neuen Artikeln
- Wiki-Hounding und Doxing von Autoren
- Stalking von Autoren
Wie bei allem in der Wikipedia, ist auch Hintergrundwissen notwendig, um diese Vorwürfe zu verstehen.
Artikel kommentarlos zu löschen ist grundsätzlich schlecht, weil den Autoren die Möglichkeit vorenthalten wird, eventuell vorhandene Mängel zu beseitigen und den Artikel zu verbessern, damit er anschließend nicht gelöscht wird.
Die Phänomene Wiki-Hounding, Doxing und Stalking treten in der Wikipedia häufig zusammen auf. Sie haben das Ziel, Autoren, die aus der Sicht anderer Autoren missliebige Meinungen in der Wikipedia vertreten, einzuschüchtern. Die „missliebigen Autoren“ sollen so davon abgehalten werden, ihre Standpunkte in gewisse Wikipedia-Diskussionen einzubringen. Das beginnt damit, dass diesen Autoren gefolgt wird und bei all Ihren Edits oder Artikeln kritische Anmerkungen gepostet werden. Die nächste Stufe ist, dass Dokumente zu diesen Autoren online geleakt und die Autoren so ihrer Anonymität beraubt werden. Als letzte Stufe kommt es auch vor, dass die Autoren in sozialen Medien oder sogar außerhalb des World Wide Webs beleidigt werden und in ihrem sozialen Umfeld unwahre Informationen gestreut werden, um sie zu diffamieren.
Weiterhin kritisieren die Befragten die hohen Eintrittshürden der Wikipedia. Das Mentorenprogramm sei sehr nützlich, es sei aber Zufall, ob man darauf stoße oder nicht (S.16). Die unüberschaubar große Menge an formalen Regeln und die oft willkürlich Auslegung der anderen Regeln wie z.B. Relevanzkriterien erschwere die Arbeit von Autoren zusätzlich (S.18). Dieser Befund und die Kritik an der Anfänger-unfreundlichen Benutzeroberfläche der Wikipedia ist auch von uns bei Wiki-Watch häufig kritisiert worden.
Die Studienteilnehmer kritisierten auch ein undurchsichtiges aber sehr hartnäckiges und schwer zu durchdringendes Netzwerk von Alt-Wikipedianern. Diese würden den Einstieg in die Wikipedia häufig erschweren, indem sie durch rüden Umgangston und übertriebene Kritik an geringen Fehlern ein Klima der Aggression schaffen würden. Auch diese Beobachtung teilen wir bei Wiki-Watch vollständig, denn wir haben sie schon oft beschrieben.
Viele der Befragten beschreiben Strategien im Umgang mit diesen Nutzern, die sich im Großen und Ganzen auf Vermeiden, Ausweichen und Ignorieren beschränken. Spannenderweise beklagen die befragten Autoren, dass viele Wikipedianer, anstatt die Struktur der Wikipedia verändern zu wollen, neuen Autoren raten, sich ein dickes Fell zuzulegen.
Wikipedia scheint aus sich heraus reformunfähig zu sein. Autoren, die Probleme erkannt haben, versuchen schon gar nicht mehr, Probleme an der Wurzel anzupacken und zu lösen. Sie haben erkannt, dass das offensichtlich so gut wie immer aussichtslos ist, und konzentrieren sich stattdessen auf ihre eigene Arbeit an Artikeln.
Die Studie erschöpft sich nicht nur in der Beschreibung von Missständen. Die Befragten hatten auch Gelegenheit, Verbesserungsvorschläge zu machen.
Dabei kamen ganz interessante Ansätze zustande. Ein Aussteiger-Management und die häufigere Nutzung des vorhanden Instruments Vermittlungsausschuss fielen dabei am meisten auf. Befragte äußerten auch den Wunsch, dass Wikipedia künftig einfacher zu bedienen ist.
Fazit:
Zu aller erst ein Kompliment an Wikimedia: Sie hat ein strukturelles Problem der deutschen Wikipedia erkannt und versucht, es auf wissenschaftlich fundiertem Weg zu beschreiben und Lösungsansätze dafür zu finden.
Die Befragten wurden teilweise ausgewählt, weil sie sich wegen schlechter Erfahrungen mit Wikipedia an Wikimedia gewandt hatten. Es scheint also so, als ob man hier ein möglichst ungeschminktes Lagebild zeichnen wollte. Es gibt keinen Grund, die Methodik oder das Studiendesign zu kritisieren. Die Durchführenden haben präzise und nach wissenschaftlichen Standards gearbeitet.
Die Frage ist nun, was einerseits Wikimedia und andererseits die Wikipedia-Community mit diesem Resultat machen. Zu Recht weisen die Autoren der Erhebung darauf hin, dass sie nur einen Einstieg geleistet haben und vertiefte Forschung zwingend notwendig ist.
Eine größere Stichprobe und praktische Anwendung der Verbesserungsvorschläge, die dann gleichzeitig wissenschaftlich begleitet werden, wären der nächste Schritt. Wenn Wikimedia diesen nicht geht, verhallt dieser spannende Ansatz ohne nachhaltige Wirkung. Es bleibt zu hoffen, dass die in großen Teilen reformunfähige Wikipedia den großen Wurf wagt, statt in einer Wagenburg-Mentalität ohne bedeutende Veränderungen weiterzumachen.
Diese Erkenntnisse kommen leider spät. Sie sind nicht neu, sie begleiten die Wikipedia von Anfang an. Es war zu Beginn der Enzyklopädie zwar noch leichter als heute, zu manipulieren und die vorgebliche und sicher auch intendierte Neutralität und Offenheit des Mediums zu verhöhnen. Doch hat sich daran leider nichts, aber auch gar nichts geändert. Es gibt mehr Artikel, es gibt mehr Inhalt und es gibt mehr Menschen, die sich einmischen und der eingeschworenen Comunity auf die Finger schauen und so fällt durch die schiere Masse an Fremdeinfluss die Manipulation schwieriger. Die Trägheit ist größer als früher. Das ist aber auch alles. Es gibt keinerlei unabhängige Kontrolle, es gibt kein unkompliziertes Beschwerdemanagement. Man schaue sich nur mal das grauenvolle Formular zum Thema Schiedsgericht an! Transparenz – Fehlanzeige. Hier wird ein anderer Geist kultiviert und das ist auch der Grund, warum Individuen wie „Feliks“ über so lange Zeit dort erfolgreich ihr Unwesen treiben können.
Dass Herr Mezger, der sich zu Beginn dieses Jahres lediglich zu einer „schlechten Kommunikation“ einließ, als wäre damit der Kern des Problems benannt, nicht mitbekommen haben will, wie es wirklich bei Wikipedia zugeht, fällt nicht leicht zu glauben. Die umständliche kryptische IT-Infrastruktur stammt aus dem vorigen Jahrhundert, jedes Smartphone ist leichter zu benutzen. Wer sich anmeldet, muss sich seitenweise Handbuchwissen einverleiben, um die aufgeblähte „Wissenschaft“ der Wikipedia-Nutzung zu verstehen. „Lebhaft“ diskutiert wird wahrscheinlich in der engeren Community. Doch wer vom Rande her hier und dort mitmacht, sollte lieber gar nicht erst versuchen, sein Anliegen gegenüber alteingesessenen Nutzern der Wikipedia geltend zu machen. Als IP (so das Wikipedia-Insiderwort für nicht mit einem Account versehene Nutzer) hat man immer das Nachsehen. Schnell erlebt man die üblichen Umgangsformen, die mit „rauer Ton“ sehr beschönigt beschrieben sind: Man wird von oben herab abgekanzelt, herumkujoniert und im schlimmsten Fall gesperrt. Da sitzen schlicht Leute, die es genießen, Macht auszuüben. Erklärt wird nichts, sofern man nicht Auskünfte, die mit bizarren Kürzeln („WP:Disk“, „WP:WQ“, „WP:KPA“, „NPOV“) oder anderen Floskeln („untypische Einzelmeinung“) versehen sind, als Erklärungen verstehen möchte. Im Ernst: Glauben die wirklich, dass man das nachliest, wenn man doch selbst genau weiß, was eine sachliche Argumentation ist, die gerade vom „mächtigen“ Wikipedia-Gegenüber nicht befolgt wird? Denn die Begründungen wechseln im Eiltempo, mal ist ein Beleg „reputabel“, mal nicht. Willkür und Wichtigtuerei hat Konjunktur. Mit einer Diskussionskultur, die sich im analogen Leben an vergleichbaren Projekten etabliert hat, hat das nicht das Geringste zu tun. Dass sich jahrelanges Wegsehen und Desinteresse der Wikipedia-Verantwortlichen nun im Mitgliederschwund bemerkbar macht, ist verdient und wundert nicht. Da hilft auch keine 0800-Telefonnumer, die in Eile eingerichtet und aus Ehrenamtlichen bestritten wird.
Liebe Nutzerin,
Ihr Kommentar hat etwas länger auf die Freigabe durch den Moderator warten müssen, bitte entschuldigen Sie das!
Ihe Erfahrungen sind genau diejenigen die viele machen und die ich in diesem Artikel beschreiben wollte. Die Hoffnung, dass die Wikipedia Ihre vielen Baustellen aktiv angeht und echte Fortschritte erreicht besteht weiterhin. Dass es wirklich so kommt ist momentan leider nicht wahrscheinlich.
Niemand bestreitet, dass die Wikipedia ein großes Projekt ist, das viel erreicht hat. Viel zu viele belassen es jedoch bei dieser Feststellung und fragen nicht ernsthaft, was man besser machen könnte. Die Folge ist, dass die Wikipedia ihren eigenen Ansprüchen oftmals nur hinterherhechelt
Freundliche Grüße
HaGu
Wo ist mein Kommentar? Ah … hier wird auch manipuliert? Der Geist der „freien Internet-Enzyklopädie“ weht auch hier, von wegen „watch“
Würde es dann Wiki-Clap nennen oder Wiki-Fanpage
-edit durch den Moderator-
Der ursprüngliche Kommentar wurde etwas verspätet freigegeben. Dieser hier der Vollständigkeit halber auch.
Zur Klarstellung:
Kommentare werden hier grundsätzlich erst nach der Freigabe durch den Administrator veröffentlicht.
Das ist in der Regel unproblematisch. Es handelt sich dabei um eine reine Vorsichtsmaßnahme, die viele Blogbetreiber so handhaben.
Es ist schade, dass ein paar Stinkstiefel das externe Image von Wikipedia bestimmen. Ich selbst habe meinen Einstieg in Wikipedia (Anfang 2017) ganz anders erlebt.
Das größte Problem sehe ich im ‚Jeder kann mitmachen‘ Paradigma der Wikipedia. Es wird immer der Anschein erweckt, dass man mal eben so irgendetwas über ein beliebiges Thema schreiben kann. Das ist, wie im Beitrag geschrieben, längst nicht mehr so. Wer qualitativ hochwertig zur Wikipedia beitragen will, der muss eine ganze Menge lernen, das ist genau so wie bei den meisten anderen freiwilligen Engagements.
Leider haben wir zu wenige Neueinsteiger, die mit dieser Einstellung anfangen. Allzu häufig melden sich Menschen an, die genau einen Artikel über ein ihnen persönlich wichtiges Thema schreiben möchten. Sie informieren sich nicht über die Grundlagen, kennen nicht Ihre Benutzer-Diskussionsseite, wissen nicht wie sie um Hilfe fragen können etc. Da kommt dann etwas bei heraus, das entweder irrelevant ist und daher wieder entfernt wird, oder so schlecht gemacht, dass es den etablierten Autoren viel Arbeit macht, um daraus etwas Brauchbares zu machen. Wenn dann unwirsch reagiert wird, weil so etwas zum x-ten Mal passiert, der Benutzer nicht reagiert und beratungsresistent ist, dann ist das nur menschlich. Und das wird oft vergessen. Die Wikipedia wird von Menschen gemacht, die freiwillig beitragen, . . .
Wir brauchen viel mehr Menschen, die Wikipedia zu ihrem Hobby machen. Wer regelmäßig beitragen will und weiß, dass er viel lernen muss, der findet in Wikipedia viele Gleichgesinnte und ein konstruktives Diskussionsklima (auch ‚richtig‘ streiten will gelernt sein, aber das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht Wikipedia spezifisch).
Sehr geehrter Wikipeter-HH,
Vielen Dank für Ihre Antwort! Ich finde es schön, dass Sie Ihre Erfahrung beim Einstieg in die Wikipedia auf diesem Blog geteilt haben.
Sie heben richtigerweise hervor, dass der Wille zur Kommunikation und zum Dazulernen vorhanden sein müssen.
Sie erwähnten auch, dass eine gewisse Kompetenz zum Thema nötig ist, um tatsächlich Artikel bearbeiten oder schreiben zu können.
In beiden Punkten stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Gerade die Qualität der Wikipedia ist ja oft in Verruf gewesen und kann nur so gut sein, wie die Qualität und Anzahl Ihrer Bearbeiter.
Jedoch bin ich der Meinung, dass die Wikipedia eine recht steile Lernkurve verlangt. Es ist nicht nur recht schwer mit der Benutzeroberfläche zurechtzukommen. Es bestehen auch viele Regeln, die dann in Artikeldiskussionen als Abkürzung verwendet werden und den neuen Nutzer zusätzlich verwirren.
Angesichts der niedrigen Nutzerzahlen sollte die Wikipedia den Einstieg unserer Meinung nach so niedrigschwellig wie möglich gestalten. Dazu gibt es auch einige Angebote. Diese verfangen jedoch anscheinend leider nicht.
Was kann die Wikipedia denn Ihrer Meinung nach tun, um dauerhaft mehr aktive und kompetente Mitschreiber zu gewinnen?
Freundliche Grüße
Gunnar Hamann
Hallo Herr Hamann,
danke für Ihre Antwort. Zu Ihren Fragen folgendes:
‚gerade die Qualität der Wikipedia ist ja oft in Verruf geraten‘: das möchte ich so nicht stehen lassen; bei Vergleichen mit altehrwürdigen Enzyklopädien hat die Wikipedia immer sehr gut abgeschnitten. Wenn jemand versucht, die Qualität der Wikipedia in Verruf zu bringen, dann sind das meistens ‚interessierte Parteien‘ mit einer sehr subjektiven Sichtweise, denen es nicht passt, was in der Wikipedia steht.
Benutzeroberfläche: Wer ein Textverarbeitungsprogramm wie Word bedienen kann, der findet sich auch recht schnell mit dem VisualEditor zurecht. Vom Quelltexteditor sollten Anfänger aber tatsächlich erst mal die Finger lassen
Regeln: Es gibt ein paar wenige grundsätzlich Regeln, die man als Neueinsteiger kennen sollte (Relevanz, Neutralität, Quellen). Bei allem anderen kann man kann sich als Einsteiger aber immer auf Unwissenheit berufen und freundlich nachfragen.
Sind Regeln nötig? Ja, sonst würde die Wikipedia ganz schnell im Chaos versinken. Sind alle Regeln gut so wie sie sind? Darüber wird intern viel diskutiert, aber es gibt ja auch WP:IAR 😉
Was die Gewinnung von neuen Freiwilligen angeht bin ich der Meinung, dass wir die Mitarbeit in Wikipedia anders positionieren müssen, nämlich als spannendes und interessantes Hobby und gleichzeitig nützliches freiwilliges Engagement. Und das müssen wir dann dort präsentieren, wo Menschen mit Interesse sind, z.B. Freiwilligenbörsen.
Mit dem Thema Neulingsgewinnung und Erleichterung des Einstiegs befassen sich derzeit mehrere Arbeitsgruppen.
Sehr geehrter Wikipeter-HH,
zunächst einmal viel Dank für Ihre Bereitschaft zum offenen und sachlichen Dialog.
Die von Ihnen genannten Untersuchungen habe ich bereits im Blog Kommentiert.
http://blog.wiki-watch.de/was-wurde-aus%E2%80%A6-das-schicksal-von-brockhaus-et-als-15-jahre-nach-dem-start-von-wikipedia/
Das problem ist ja nicht, dass in der Wikipedia nur unseriöser Mist steht. Das problem ist, dass sich unter viele gute auch viele schlechte beziehungsweise tendenziöse Artikel mischen. Solche stichpunktartigen Studien werden dieses Phänomen natrülich nicht immer einfangen können.
Das Regeln nötig sind, steht außer Frage. Sie stellen – ganz ähnlich wie Gesetze – in jeder Form menschlichen Zusammenlebens den kleinsten gemeinsamen Nenner des akzeptablen Verhaltens dar.
Das Problem liegt jedoch eher in der Auslegung derselben, die oft nicht konsistent gehandhabt wird.
Außerdem halte ich Ihnen an dieser Stelle den gastbeitrag des Wikipedia-Nutzers „Herbivore“ entgegen.
http://blog.wiki-watch.de/was-wurde-aus%E2%80%A6-das-schicksal-von-brockhaus-et-als-15-jahre-nach-dem-start-von-wikipedia/
Ihren Ansatz zur gewinnung von Freiwilligen find eich sympathisch. Einige andere Wikipedia-nutzer sind jedoch sehr pessimistisch, was die Gewinnung von neuen Autoren angeht.
http://blog.wiki-watch.de/admin-wahlen-maennerueberschuss-bei-wikipedia-autorenschwund-und-bot-autoren-tut-sich-da-was/
Ich selbst sehe auch für die Zukunft keine besonders positive Entwicklung der Anzahl der Wikipedia-Autoren, wenn dieselben Rezepte der vergangen jahre angewandt werden.
Ich lasse mich diesbezüglich gerne eines Besseren belehren.
Mir haben Ihre offenen und konstruktiven Kommentare sehr gefallen. Wie Sie eingangs erwähnten ist ein rüder Umgangston durchaus auch eine gesamtgessellschaftliches Problem. Umso schöner, dass es hier und gerade nicht so ist!
Freundliche Grüße
“bei Vergleichen mit altehrwürdigen Enzyklopädien hat die Wikipedia immer sehr gut abgeschnitten.”
Leider ist das nicht korrekt. Die schlechten halbwegs wissenschaftlichen vergleich der prä-2010 era sind absolut mangelhaft. Zudem gibt es wenig Forschung dazu. Ein gutes Beispiel ist Greenstein une Zhu (2018): https://doi.org/10.25300%2FMISQ%2F2018%2F14084
Ich nehme an, Sie wählen die Grünen? Dann würde es mich nicht wundern wenn sie die deutsche Wikipedia als nicht ideologisch verzerrt wahrnehmen. Leute die politisch eher mittig aufgestellt sind, fällt dies etwas schneller auf. Leider kenne ich keine Studien zur deutschen Wikipedia, aber erfahrungsgemäß würde die sich eher durch noch mehr politischer/ideologischer Verzerrung hervorheben.
Ein anderes Thema wurde noch garnicht erwähnt: selbst angemeldeten Nutzern bleibt häufig das editieren von Artikeln untersagt, da viele wichtige Artikel gesperrt sind und somit von einigen wenigen Nutzern/Admins kontrolliert werden.
“Regeln: Es gibt ein paar wenige grundsätzlich Regeln, die man als Neueinsteiger kennen sollte (Relevanz, Neutralität, Quellen).”
Wenn es diese Missachtung der Regeln wirklich so häufig gibt, ist dies ein Usability Problem von Wikipedia und deren Admins, nicht der Fehler der Nutzer/Bearbeiter. Wenn Software (und Hardware bzw. jede Art von Gerät) nicht von jedermann leicht zu bedienen ist, dann ist das entweder Absicht (z.b. um teure Seminare zu verkaufen – was bei WP nicht der Fall ist) oder schlicht und einfach ein Versagen der Programmierer.
Sehr geehrter Nutzer Egal,
Vielen Dank für Ihren Beitrag zur Debatte.
Ich habe da einige valide und wertvolle Punkte gesehen.
Eine ausführliche Antwort gibt es am Montag.
Freundliche Grüße
Gunnar Hamann
Nun zur ausführlicheren Antwort:
– Ich stimme Ihnen zu, dass die Vergleiche der enzyklopädischen Qualität von Wikipedia oft nicht besonders haltbar sind. Interessant finde ich, dass die von Ihnen zitierte Studie betont, wie wichtig die Anzahl der Revisionen eines Artikels ist, damit dieser möglichst neutral ist. Hier liegt sicher ein wunder Punkt der Wikipedia: Schwarmintelligenz funktioniert ohne Schwarm nicht. Wikipedia schafft es leider nicht, dem Trend des Autorenschwundes etwas entgegen zu setzen. Das hat bereits und wird immer größere negative Folgen für die Qualität haben.
– Ob die Wikipedia DE nun idelogisch verzerrter als ihr englischsprachiges Pendant ist, bleibt Spekulation. Es deuten zumindest Indizien darauf hin, dass sie nicht besser ist. Fakt ist jedoch, dass Nutzer wie Felix es sich in der deutschsprachigen Gemütlich machen konnten. Dabei wurden gewissen Themenbereiche vor Änderungen in Richtung Neutral Point of view geschützt durch mobbing und aggressives Verhalten. Hier ist ein Bias ganz klar belegt. Unbelegterweise gehe ich davon aus, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist.
Dabei lass ich aber auch gern vom Gegenteil überzeugen.
– Die gesperrten oder zumindest stark beschützten Artikel erwähnte ich bereits. Auch ich finde des problematisch.
– Sehr problematisch ist auch, dass die Wikipedia einfach zuu kompliziert in der Bedienung ist. Als ich Kollegen versuchte zu erklären, wie man den Versionsverlauf eines Artikels findet, wer was wann geändert hat et cetera, dauerte das schon eine gewisse Weile. Das kann natürlich an meinen mangelhaften Erklärkünsten liegen. Es illustriert jedoch auch das Problem, dass Wikipedia unnötig kompliziert ist.
– Dazu kommt, dass viele Versionsverläufe auch gar nicht mehr ohne Weiteres einsehbar sind. Ich halte das für nicht besonders transparent.
– Der Begriff des usability-Problems trifft den Nagel auf den Kopf.
Leider sehe ich keine durchschlagenden neuen Ideen zur schnellen Rekrutierung vieler neuer Autoren. Das wäre die einzige Möglichkeit, der Wikipedia zu einer guten Zukunftsperspektive zu verhelfen.
Meine Ergänzung an einem Artikel als IP (habe kein Wikipedia-Konto und will auch keines) sind erst nach mehreren Monaten freigeschalten worden. Offenbar hat sich niemand dafür verantwortlich gefühlt. Da vergeht einem wirklich jede Lust an der Mitarbeit.
Und zur Anonymität: Zumindest die Sichter und Admins sollten nicht anonym sein, denn sollte die Wikipedia missbraucht werden – sei es aus Gründen der PR, Ideologie oder Rachsucht – dann muss dafür jemand verantwortlich gemacht werden können. Wikimedia Deutschland zieht sich ja immer mit dem fadenscheinigen Argument aus der Affäre, dass sie das alles nichts angeht und man nur der deutsche Spendensammelverein ist.