Wikipedia Zero: Wikimedia verletzt die Netzneutralität


Wikipedia Zero ist ein Projekt der Wikimedia Foundation, das mit dem Ziel begonnen wurde, Wikipedia dorthin zu bringen, wo die meisten Menschen kein Internet haben. Dazu trat die Stiftung unter anderem schon an Mobilfunkanbieter in Afrika, Südamerika, Asien und Indien heran und schloss mit ihnen Verträge ab, die den Bürgern kostenlosen Zugang zu Inhalten der Wikipedia vermitteln. Selbst auf Telefonen ohne Internettarif können damit Wikipedia-Artikel gelesen werden.

In der entwickelten Welt sind Smartphones aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sehr viel seltener sind die smarten Alleskönner hingegen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Dort dominieren immer noch veraltete Handys, die nicht in der Lage sind, die Inhalte der Online-Enzyklopädie wiederzugeben.

Eine weitere Barriere für den Zugang zu Wikipedia sind die Kosten: Kul Wadhwa, der das Wikipedia-Zero-Programm leitet, rechnet in einem Beitrag der Deutschen Welle vor, dass in vielen Entwicklungsländern die Menschen mehr als ein Zehntel ihres Einkommens bezahlen müssten, um mobiles Internet haben zu können.

Wikipedia-Artikel können auch als SMS angefordert werden. Bild: „Screen Shot Cheetah Reply“ von Dfoy (WMF) - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - http://bit.ly/1GOoALx.

Wie schafft man es, dass Menschen in ärmeren Ländern dennoch Wikipedia-Artikel lesen können? Die Lösung lautet: Wikipedia Zero. Denn entsprechend programmiert lassen sich die Inhalte des Online-Lexikons auf älteren Telefonen zumindest lesen. Für den kostenlosen Zugang arbeitet Wikimedia mit Mobilfunkanbietern zusammen, die den Zugriff auf Wikipedia umsonst anbieten. Vorbild ist das Projekt Facebook Zero, bei dem der Zugriff auf das soziale Netzwerk via Handy ohne Surfkosten möglich ist.

Passive Wikipedia-Konsumenten

Freies Wissen für jeden, das ist doch super! Was gibt es daran zu kritisieren? Eine ganze Menge! Denn anders als der völlig kritiklose Wohlfühl-Artikel (Update: von Wikimedia-Mitglied Sebastian Wallroth wurde in Reaktion unserem Beitrag der Abschnitt „Kritik“ hinzugefügt) zu Wikipedia Zero glauben macht, gibt es durchaus Kritik an dem Projekt – und die kommt nicht von ungefähr.

„Mit Wikipedia Zero wird kein Problem gelöst, sondern ein neues geschaffen, das dem Wesen der Wikipedia nicht entspricht: Wikipedia wird für diese Nutzer ein Walled Garden – eine ‚Walled Wikipedia‘. (Jens Best, Kurier-Diskussion zum Artikel „Wikipedia Zero: ein unüberschaubares Manipulationspotenzial„, zuletzt aufgerufen am 17. April 2015.)

Andreas Kolbe, der u.a. für das Community-Blog Signpost und das Wikipedia-Kritik-Forum Wikipediocracy tätig ist, bringt im Wikipedia-Kurier das Problem auf den Punkt: Mit Wikipedia Zero haben dessen Nutzer weder Zugriff auf die in Wikipedia zitierten Quellen, noch können sie alternative Quellen aufrufen. Wikipedia Zero schaffe somit Hunderte von Millionen von rein passiven Wikipedia-Konsumenten. Die Einzigen, die Lese- und Schreibzugang zu Wikipedia haben, sind, so Kolbe, die wirtschaftlichen und politischen Eliten dieser Länder.

Unüberschaubares Manipulationspotenzial

Für Kolbe wird dadurch die Manipulationsgefahr unüberschaubar: „Je verbreiteter Wikipedia Zero ist, desto wichtiger wird es für die betreffenden Eliten, kritische Informationen aus Wikipedia fernzuhalten.“

„Die Gefahr ist, dass Wikipedia – und speziell Wikipedia Zero – eine ‚Gatekeeper‘-Funktion einnehmen wird: solange es den örtlichen Eliten gelingt, ‚ihre eigene‘ Wikipedia-Darstellung, sei es in der lokalen Wikipedia-Sprachversion oder der der wichtigsten Zweitsprachen, in ihrem eigenen Interesse zu gestalten, wird Wikipedia Zero ein willkommenes Instrument sein, Informationsflüsse zu kontrollieren, anstatt sie freizusetzen.“ (Andreas Kolbe, Wikipedia Zero: ein unüberschaubares Manipulationspotenzial, zuletzt aufgerufen am 17. April 2015.)

In der Diskussion über Wikipedia Zero wird immer wieder argumentiert, dass „WP-0“ doch allemal besser sei als gar kein Zugang zu Informationen. Ein Argument, das nur scheinbar trägt. Dabei wird vergessen, dass Wikipedia Zero den Anreiz für die jeweiligen Eliten erhöht, Wikipedia zu manipulieren. Zero hat also indirekt zur Folge, dass das vorhandene Informationsmonopol der Eliten noch gestärkt wird.

Zero-Rating verletzt die Netzneutralität

Das Kernproblem von Wikipedia Zero ist ein anderes: Zero-Rating als kostenloser Einstieg ins mobile Internet verletzt die Netzneutralität. Auf den ersten Blick erscheint Wikipedia Zero verlockend: Man kann die Enzyklopädie nutzen, ohne sich über seinen Datenverbrauch Gedanken machen zu müssen.

„Dies bedeutet eine Gewöhnung des Nutzers an datenart-spezifische Preismodelle und ist somit ein schleichende Ende des freien Internets.“ (Jens Best, Kurier-Diskussion zum Artikel „Wikipedia Zero: ein unüberschaubares Manipulationspotenzial„, zuletzt aufgerufen am 17. April 2015.)

Doch auf lange Sicht zerstören solche zero-rated-Angebote das offene und freie Internet. Wer ausschließlich Facebook und Wikipedia nutzt, geht eben nicht ins Internet. Das Internet ist mehr – es beruht auf seiner Breite und Vielfalt. Zero-Rating ist eine fatale Entwicklung gerade in den Ländern, in denen sich das Internet noch entwickelt und eine echte Chance darstellt, um vorhandene Meinungsmonopole der Eliten aufzubrechen: Der Nutzer wird gewöhnt an Preismodelle, die auf der Unterscheidung von Daten beruhen. Damit wird die Idee des „Free Knowledge“ unterwandert.

Von den Internet-Providern ist das durchaus gewollt, meint Jens Best. In entwickelten Märkten sei es der Nutzer gewohnt, für den Zugang zum gesamten Internet zu bezahlen, aber nicht einzelne Datenarten oder Daten spezifischer Inhalteanbieter. Durch Zero Rating sollen sich die Nutzer in weniger entwickelten Ländern erst gar nicht an ein solches Rund­um-sorg­los-Pa­ket gewöhnen und frühzeitig an Preismodelle herangeführt werden, die auf der Unterscheidung von Daten beruhen.

Verrat an den eigenen Werten

Für Telekommunikationsunternehmen wie Orange, die mit der Wikimedia Foundation kooperieren, ist Wikipedia Zero ein Marketing-Glücksgriff: „Die große Mehrheit unserer Kunden in Afrika nutzt Prepaid-Verträge und setzt SIM-Karten verschiedener Anbieter ein“, erklärt Orange-Sprecher Yann Kandelman bei heise.de. „Mit der neuen Initiative wollen wir dazu beitragen, dass die Orange-Karte in Zukunft bevorzugt benutzt wird.“ Wikimedia hingegen begeht Verrat an den eigenen Werten – die Förderung von freiem Wissen und freien Inhalten. Fazit von Jens Best:

„WMF hat es hier zugelassen, dass mit einem billigen und nicht durchdachten Versprechen die Wikipedia als Marketing-Tool für Mobilprovider eingesetzt wird, um in wichtigen Entwicklungsmärkten die Idee des freien Webs durch ein datenart-spezifisches Payment-System ersetzt wird. Die WMF und Wikipedia leistet damit dem gesamten freien Web einen Bärendienst, nur um die eigne Marke zu pushen.“

Überwindung der digitalen Spaltung

Wikimedia hat sich das Ziel gesetzt, den schlechteren Zugang zum Internet in Entwicklungsländern zu überwinden. Doch Wikipedia Zero ist nicht die Lösung des Problems: Das zu glauben, ist in etwa so, als würde man ein Pflaster auf eine Schusswunde kleben, spitzt es Raegan MacDonald von AccessNow zu.

„In addition, suggesting that free access to Wikipedia or Facebook is the solution to limited internet access in the developing world is like putting a Band-Aid on a bullet wound.“ (Raegan MacDonald, Wikipedia Zero and net neutrality: Wikimedia turns its back on the open internet, zuletzt aufgerufen am 17. April 2015.)

Denn die komplexen Ursachen der digitale Spaltung („digital divide“) blieben unbehandelt, schreibt MacDonald. Mehr noch: Wikipedia Zero spiele Telekommunikationsunternehmen in die Hände, die die Märkte überall auf der Welt bereits heute im Würgegriff hielten.

Das leuchtet ein, denn „Zero-rated offerings“ machen die Dienstleistungen der Provider attraktiver, verfestigen ihre dominante Stellung in den Märkten und treiben die Idee voran, dass Webseiten-Betreiber zusätzlich bezahlen sollten, um Nutzer zu erreichen, was wiederum den Grundsätzen der Netzneutralität widerspricht und die Entwicklung von Online-Inhalten und Online-Diensten noch zusätzlich erschwert.

„Wikipedia Zero and similar services are playing into the hands of incumbent telecoms, who already have a stranglehold on markets around the world. Zero-rated offerings make these telcos’ services more attractive, solidifying their already overly-dominant positions in most markets, and further advancing the idea that websites should have to pay extra to reach users, which once again runs afoul of net neutrality principles and further hurts the development of online content and services.“ (Raegan MacDonald, Wikipedia Zero and net neutrality: Wikimedia turns its back on the open internet, zuletzt aufgerufen am 17. April 2015.)

MacDonald bezeichnet die gebührenfreien Angebote als das, was sie wirklich sind: Kurzsichtige Deals, die für die Zukunft des offenen Internets großen Schaden anrichten. Während immer mehr Menschen das Internet nutzen und weltweit Kämpfe um die Netzneutralität ausgefochten werden, liege es gerade in der Verantwortung einer angesehenen Organisationen wie Wikimedia, sicherzustellen, dass neue Nutzer ein Internet entdecken können, das tatsächlich „die Summe allen Wissens“ repräsentiert. Kein Unternehmen und keine einzelne Plattform – egal ob Facebook oder Wikipedia – sollte alleine dafür verantwortlich sein, den Zugriff auf die Informationen der Welt zusammenzutragen.

Raegan MacDonalds Fazit: Zero-rated-Inhalte unterwandern die Zukunft des offenen Internets und die Rechte der Menschen, die es benutzen.

15.4. Bomfordzionös! WikiCon 2015 15.4. 70 Jahre Kriegsende 15.4. Lila Tretikov in Time  wp:kurier Nicht unbedingt neutral, nicht enzyklopädisch.  Archiv  |  Abo  |  Ticker bearbeiten  |  Der Kurier  |  Bearbeiten Termine 14.04.     Stammtisch München 17.04.     Stammtisch Nürnberg in Fürth 18.04.     Stammtisch Augsburg 18.04.     Stammtisch Zürich in Solothurn 22.04.     Tech on Tour im Kontor Hamburg 24.04.– 26.04.     15. Fotoworkshop in Nürnberg 24.04.– 26.04.     9. Fotoworkshop in Prag 24.04.– 26.04.     2. 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Die WikiCon 2015 ist unterwegs … WikiCon-Logo Dresden 2015.svg  Der Entschluss stand schon lange fest und war einer unserer guten Vorsätze für das Jahr 2015. Nun endlich nimmt der Dampfer Fahrt auf: Die WikiCon 2015 wird vom 18. bis 20. September in der Stadt an der Elbe stattfinden, die schon Caspar David Friedrich und Gret Palucca inspirierte, während Helmut Schön und Manfred von Ardenne zu sportlichen und wissenschaftlichen Höhenflügen ansetzten. Kommt mit an Bord!  Wir freuen uns darauf, die hiesigen „Äggsbärden“ in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden willkommen zu heißen! Noch ist nicht alles „in Sack und Tüten“, doch sind wir guter Dinge und so laufen die Planungen für Programm und Inhalt an. Seid ihr dabei? Wir freuen uns auf eure Programmvorschläge. Euer WikiCon-2015-Team.A., 15.4. 70 Jahre Kriegsende, weiß WP das auch?  Abseits sicher auch wichtiger Themen, die hier angesprochen werden, möchte ich anlässlich eines nicht ganz unbedeutenden Ereignisses, das medial momentan auch ganz gut beleuchtet wird, den Blick wieder auf eines unserer ureigensten Themen lenken, die Artikelarbeit. Als gebürtiger Sachse sind 1945 Weichen gestellt worden, deren Auswirkungen auch meine Biographie betrafen. Sucht man allerdings zu dieser Zeit etwas in Wikipedia, muss man sich, sofern man Lust hat, durch viele kleine, oft überschaubare Artikel klicken, die meist auch noch in diskussionswürdiger Qualität sind. Das ist enttäuschend angesichts der geistigen Ressourcen, die eigentlich in WP stecken. Ohne die Arbeit von Autoren anderer Themen schmälern zu wollen, aber wir wissen teilweise besser über diverse ausgestorbene Säugetierarten, Pharaonen, Vasenmaler (bitte keine Beißreflexe, das sind willkürliche Beispiele) und dergleichen mehr Bescheid als über unsere ureigenste Geschichte von vor 70 Jahren, was ein Wimpernschlag in der Geschichte ist. Schaut man sich die Seite der Geschichtsredaktion an, sieht man diverse Geburts- oder Todestage bekannter Persönlichkeiten oder Schlachtenjubiläen im Fokus. Schaut man sich Artikel an, die den WK II zum Inhalt haben, stößt man nicht selten auf Fanschrieb, der sich an Auszeichnungen und technischen Daten ergötzt, während vergessen wird, überhaupt erst mal historisch genau zu beschreiben, was eigentlich passiert ist. Erst wenn das letzte U-Boot, der letzte Ritterkreuzträger einen Artikel hat, werden wir vielleicht merken, das im Frühjahr 1945 beträchtliche Gebiete des späteren DDR-Gebiets von westalliierten Truppen besetzt waren. Nun werden viele sagen, „das ist doch ein alter Hut“, dann frage ich zurück, „wo lese ich da gescheit in WP was dazu“? Ein anderes Beispiel, das die Krux verdeutlichen soll: Wo finde ich was zu dem Staatsgebilde, das in Sachsen zwischen 1919 und 1933 bestand? Wo kann ich mir das als Karte mal anschauen? Ich habe WP immer als Wissensvermittlung begriffen und diesen Anspruch haben wir ja auch. Ich sehe dabei immer den Schüler vor meinem geistigen Auge, der sich informieren will, ja die gibt es noch. Nur, kann er das? Dass es Lücken gibt, weiß ich. Und ich höre schon die Argumente, die jetzt kommen … Aber es gibt erschreckende Lücken und da vermisse ich einen Masterplan. Was will der Dichter uns damit sagen? Bevor wir an die mikroskopischen Details gehen, sollten wir die Basics nicht vergessen. Dass ich überspitze, weiß ich. Dass mir jetzt hunderte Gegenbeispiele genannt werden, erwarte ich. Dass sich einige auf den Schlips getreten fühlen, ist zu befürchten. Und trotzdem …–scif (Diskussion) 10:54, 15. Apr. 2015 (CEST) Berichte der Wikimedia Foundation und von Wikimedia Deutschland, Technik 2014  In den vergangenen Tagen haben sowohl Wikimedia Deutschland als auch die Wikimedia Foundation einen Rückblick über das vergangene Jahr veröffentlicht. Der deutsche Verein berichtet im Rahmen der Jahresberichtförderung an das FDC seinen langfristigen Einfluss auf die Gesellschaft (engl. impact), bisher leider nur auf Englisch. Die Stiftung schaut in einem State of the Wikimedia Foundation, der ursprünglich für die interne Dokumentation erstellt wurde, zunächst auf wesentliche Erfolge, stellt aber auch allgemeine und Überlegungen für das Jahr 2015 an. Mit über 30 und 50 Druckseiten erreichen diese Berichte jedoch so große Umfänge, dass für den Bericht der Wikimedia Foundation das englischsprachige Pendant des Kuriers, die Signpost, unter Bereitstellung einer Vorabversion eine Zusammenfassung erstellt hat. Da der eigentliche Technikansprechpartner nicht erreichbar war, wurde ich um eine Einschätzung gebeten, die ich hier gern ins Deutsche übersetze.  „Der Bericht stellt das erste strategische Statement des Teams für Softwareentwicklung und anwenderorientierte Veröffentlichung (Engineering and Product team) nach seiner im November 2012 verkündeten Umstrukturierung dar. Mit der Umstellung auf zwei getrennte Abteilungen möchte die Wikimedia Foundation „die Entwicklung von best practices“ sicherstellen, so die neue Geschäftsführerin Lila Tretikov. Der frühere Leiter beider Bereiche, Erik Möller, setzt seine Arbeit als Vizepräsident für Produkte und Strategien sowie Stellvertretender Geschäftsführer der Wikimedia Foundation fort, Damon Sicore übernahm im September 2014 den Softwareentwicklungsbereich. Basierend auf der Verteilung von Verantwortungen gibt das Dokument zwei Berichte, so wie auch diese Zusammenfassung. Durchschnittliche Zeit zum Speichern einer Bearbeitung in Millisekunden Ende 2014  Mit Blick auf die gestiegene Benutzung mobiler Endgeräte in der Welt und so denn auch in den Wikimedia-Wikis (20 % aller Bearbeiter machten ihre erste Bearbeitung auf der mobilen Website, mindestens 40.000 arbeiten monatlich mobil) war eines der Hauptaugenmerke der Wikimedia Foundation im vergangenen Jahr die Entwicklung im mobilen Bereich. Neben dem Neuschreiben der mobilen Android- und iOS-Apps hat das Softwareentwicklungsteam ein neues Interface für ältere Browser mit begrenzter oder keiner JavaScript-Unterstützung erstellt und allgemein die MediaWiki-Struktur in Programmbibliotheken sowie in eine serviceorientierte Architektur umgewandelt; insbesondere wurde das Rendern von PDFs, besonders in nicht-lateinischen Schriften, verbessert. Seit Dezember 2014 führt die freilizenzierte virtuelle Maschine HHVM PHP-Programmcode aus, was die durchschnittliche Zeit zum Laden der Seite oder Speichern einer Bearbeitung stark verringerte (siehe Bild). Diese Veröffentlichung wurde durch eine Partnerschaft mit dem Entwickler von HHVM, der Firma Facebook, ermöglicht. Entgegen den Erwartungen führte die Implementierung von HHVM aber nicht zu einer erhöhten Anzahl an gespeicherter Bearbeitungen und auch nicht zu einer Verringerung des Zeitraumes, in dem dieselbe Anzahl an Bearbeitungen durchgeführt wird; die Wikimedia Foundation arbeitet daran, diese Ziele zu erreichen. Zwei weitere Entwicklungen unterstützen Leser und Autoren: Die lang erwartete und lang vorbereitete neue Suchfunktion, die auf dem Elasticsearch-Verfahren basiert und Ende 2014 aktiv geschaltet wurde, und ein Übersetzungswerkzeug für Artikelinhalte, das seit Anfang 2014 Autoren erlaubt, eine neue Sprachversion eines Artikels unter Beibehalt der Belege schnell zu erstellen.  Das Team für die Softwareentwicklercommunity hat verschiedene Hackathons und Technikgespräche organisiert und darüber hinaus in Öffentlichkeitsprogrammen wie dem FOSS-Öffentlichkeitsprogramm für Frauen und Google Summer of Code mitgewirkt. Es hat zudem die Umstellung vom Bugmeldesystem Bugzilla mit der Softwareentwicklungsplattform Phabricator koordiniert. Das gesamte Softwareentwicklungsteam wird zudem nun in der Ausübung seiner Tätigkeit von einer neuen Team-Practices-Gruppe unterstützt. Während die Foundation erfolgreich auf Sicherheitsbedrohungen von außerhalb wie dem Heartbleed-Bug oder der Poodle-Attacke auf operativer Seite reagiert hat, erachtet die Signpost die Security-Engineering-Abteilung als unterbesetzt. Es sucht jedoch derzeit einen Entwickler, um sicherheitsbezogene Probleme besser angehen zu können.  Das Produktteam konzentrierte sich im Rahmen der mobilen Herausforderungen auf die Veröffentlichung der vom Softwareentwicklungsteam neugeschriebenen Apps durch verschiedene neue Mitmachmöglichkeiten wie dem Bearbeiten in der App selbst, dem Offline-Lesen, einklappbaren Infoboxen, großen inhaltsbezogenen Bildern und kurzen Beschreibungen des Lemmas im Kopf des Artikels, die aus Wikidata-Einträgen generiert werden (was nach Informationen der Signpost bedauerlicherweise zu einem Anstieg an Vandalismus auf Wikidata geführt hat) sowie einem Abschnitt mit themenähnlichen Empfehlungen. Die Wikipedia-Apps für Apple und Android erreichen dabei sechs Millionen Nutzer und erhielten eine durchschnittliche Bewertung von 4 bis 4,5 von 5. Darüber hinaus wurde ein neues mobiles Webinterface veröffentlicht, das vor allem das Lesen und Bearbeiten von Wikipedia auf mittelgroßen Bildschirmen mit Unterstützung eines neuen mobilen VisualEditor ermöglicht. Die Signpost ergänzt hier, dass das Hochladen von Bildern nach Wikimedia Commons durch die mobile Website zu massivem Spam von urheberrechtsverletzenden oder missbräuchlichen Bildern geführt hat, deren Löschung viele Ressourcen verlangte. Die Desktopversion des VisualEditor wurde bereichert um Tabellenbearbeitungen und das Hinzufügen von Belegen und führte zu mittlerweile mehr als 5 Millionen Nutzungen in 160 Wikimedia-Wikis; das Programm wird in diesem Jahr in allen großen Projekten und Plattformen standardmäßig aktiviert. Das Analytik-Team hat schließlich zentrale Daten und Systeme für Messergebnisse zur Verfügung gestellt. Schließlich wurden weitere Programme entwickelt: Das Kommunikationswerkzeug Flow, das Bearbeitern unter anderem das Beobachten einzelner Diskussionsabschnitte ermöglicht, wurde in einigen Wiki-Projekten der französischen und katalanischen Wikipedia veröffentlicht und wird demnächst die in anderen Projekten genutzten LiquidThreads-Seiten ersetzen, zudem das neue Bearbeitungswerkzeug WikiGrok und den Media Viewer. Eine Karikatur des Superschutzvorfalls von Don-kun  Aufgrund der frühen Veröffentlichung des Media Viewer mit zu vielen Fehlern hatte der Flickr-ähnliche Multimediabrowser negative Reaktionen von vielen Autoren hervorgerufen. Erfreulicherweise reflektiert die Wikimedia Foundation in einem Lessons-learned-Abschnitt Erfolge wie Misserfolge bei der Veröffentlichung und betont dabei selbstkritisch das Fehlen von Werkzeugen, um produktives Feedback von der Community einzuholen, und das Fehlen einer klaren Metrik für das Messen von Erfolg. Bedauerlicherweise erwähnt der Bericht nicht den Superschutzvorfall, der neben Berichten v. a. in deutschen Medien zu massiven Diskussionen zwischen Community und Wikimedia Foundation geführt hat inklusive eines Briefes an die Stiftung, der von über 1.000 Beitragenden unterschrieben wurde. Die Foundation gesteht dabei ein, dass diese „teuren und langsamen“ („expensive and slow“) Änderungen für Desktopbenutzerinnen und -benutzer zu einer Abwendung von diesem hin zur Entwicklung besonders im mobilen Bereich geführt haben. Das Dokument betont aber, dass beide Bereiche weitere Verbesserung verlangen.  Auf mobiler Seite beabsichtigt die Wikimedia Foundation neue Möglichkeiten zur Teilnahme an den Wikimedia-Projekten – werden wir da, wenn man bedenkt, dass MediaWiki nicht Bearbeitungen und Verfassende der Artikel über die Versionsgeschichte hinaus transparent macht, so etwas wie WikiHistory oder den Artikelmonitor sehen? Bedenken äußert die Wikimedia Foundation auf Desktopseite, dass externe Projekte wie WikiWand sie in ihrer Funktion als Betreiberin ersetzen könnte, wenn Designänderungen „mit Grenzfällen oder autorenbezogener Funktionalität kollidieren“ („clash with edge cases or with editor-focused functionality“):      “We risk being left behind when it comes to offering the best experience reading Wikipedia.”      „Wir riskieren zurückzubleiben, wenn es darauf ankommt, das beste Leseerlebnis für Wikipedia anzubieten.“  Wie genau dies aussehen wird, ist noch unklar. Das Team für Softwareentwicklung und anwenderorientierte Veröffentlichung (Engineering and Product team) plant jedoch, den Beitrag der Community in den Prioritäten für ihre Produkte zu stärken und Neuigkeiten- und Feedbackkanäle zu entwickeln. Dennoch könnte eine der Konsequenzen sein, dass künftig nicht mehr alle Admins Änderungen im MediaWiki-Namensraum durchführen können, sondern dies zugunsten eines Code-Review-Prozesses verändert wird, wie auf Phabricator vorgeschlagen.  Das Dokument äußert Bedenken über die geringe Verfügbarkeit von strukturierten Daten im Wikiversum und ein daher fehlendes gleichmäßiges Design. Weder die Unterstützung von Wikidata (bspw. mit WikiDataQuery), das maßgeblich von Wikimedia Deutschland entwickelt wird, noch die gemeinsamen Pläne zu einem strukturierten Wikimedia Commons werden dort erwähnt. Dies gilt auch für einen der invasivsten Eingriffe der Wikimedia Foundation, die gegenwärtige Single-User-Login-Finalisierung. Während einerseits die Eindeutigkeit aller Benutzerkonten Grundlage ist für lang erwartete Verbesserungen wie globale Beobachtungslisten, globale Benachrichtigungen und eine effiziente Flow-Implementierung, verlangt der Prozess andererseits Zwangsumbenennungen, um Namenskonflikte aufzulösen.“ DH, 3.4. Auf den zweiten Blick: Noelloskopie für Fortgeschrittene. Oder: Warum gescheiterte PR-Versuche in WP so verschwinden lassen?  Vorletztes Jahr erschien ein Buch von Jörg Becker über die Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann. Das Buch wurde zunächst kontrovers aufgenommen. So weit nichts Besonderes. Besonders war, dass es letztlich vom Markt geklagt wurde. Ein Schweizer Erbe und Nachlassverwalter hatte gegen das Buch geklagt. Im Nachgang hierzu nahm ein 2008 angelegter Schweizer Benutzer 2014 (Beitragsliste) seine Arbeit wieder auf. Die Arbeit erstreckte sich auf Noelle-Neumann, ihre Familie, ihre Schule und ihre Kritiker. Der Artikel von Noelle-Neumann, über deren Verstrickung in den NS ebenso wie um ihre Methodik bzw. die Orientierung dieser an Interessen der Auftraggeber, es kontroverse Debatten gibt, wurde dabei langsam und kontinuierlich bereinigt und aufgehübscht. Eine Reihe berühmter Vorfahren wurde eingefügt, dafür Antisemitismusbelege und die positive Haltung zum NS verschönert. Sogar an Marginalien wie Hinweisen auf etwas häufige Schulwechsel (die die Lemmaperson freimütig berichtet) geschraubt. Die Artikel von zwei bekannten Kritikern wurden mit Infos versorgt, die negativ verstanden werden sollten. Otto Köhler bekam seine NS-Vergangenheit vorgehalten (Köhler war 1945 gerade 10, er nutzte seine HJ-Mitgliedschaft zur Selbstreflektion im Kontext mit seiner Beschäftigung mit NS-Journalisten), bei Becker wurden Veröffentlichungen im Neuen Deutschland ebenso ergänzt wie die Funktion seines Vaters im WK II. Flankierend wurden Artikel zur Familienmitgliedern von Noelle-Neumann aufgepeppt. Die Fakten sind dabei nicht unbedingt falsch, aber einseitig zusammengestellt – interessengeleitet, hübsch.  Alles in allem eine glasklare PR-Aktion eines Nutzers mit einem deutlich durchschimmernden IK und übergroßer Detailkenntnis. Die Admins bekamen erst im zweiten Anlauf die Kurve und setzten den Artikel auf den Stand vor den Bearbeitungen zurück. Auch bei VMs war erst ein zweiter Anlauf nötig, diese im Sinne von WP zu klären. Letztlich wurde auch die Artikeldiskussion administrativ überarbeitet. Verschwunden ist nun die polemische und aggressive Art, mit der auch juristisch gedroht wurde: angeblich Verlinkung illegaler Inhalte. Da die Artikeldiskussion erst verschoben (später gelöscht) wurde, dann folgte die Neuanlage der Diskussion mit gesäuberten Teilen, fehlen nun der Klarname des PR betreibenden Nutzers ebenso wie seine Drohungen, Links seien illegal, und die wirklich dreisten Reste seiner Beiträge dort. Selbst das Durchackern durch ältere Versionen ist unmöglich. Nachfragen nach dem Grund des Vorgehens an den bearbeitenden Admin blieben unbeantwortet. Damit ist nun nicht nur dem unbedarften Betrachter, sondern auch den eingefleischten Wikipedianern unklar, was genau in dem Artikel und der Disk geschehen ist. Ist es wirklich sinnvoll, auch im Sinne von Prävention, PR-Versuche so zu schützen? Ist dieses vor allem auch deshalb sinnvoll, wo wir es nicht mit einer Hinterzimmerklitsche (der man Dummheit und Unbedarftheit zu Gute halten muss), sondern mit einer bedeutenden Institution zu tun haben, deren Gegenstand eben die veröffentlichte Meinung ist? Ef 29.3. Wikipedia Zero: ein unüberschaubares Manipulationspotenzial
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